Einbrecher sah es auf Damenunterwäsche ab

4. Dezember 2015, 17:28 Uhr
Jahrelang verbreitete der Luzerner Höschen-Dieb unter Frauen Angst und Schrecken
© Andrea Stoll
Jahrelang verbreitete der Luzerner Höschen-Dieb unter Frauen Angst und Schrecken

Vor dem Luzerner Kriminalgericht musste sich am Freitag ein mutmasslicher Stalker und Unterwäsche-Dieb verantworten. Der Fall sucht in der Schweiz seinesgleichen.

Der entscheidende Hinweis kam aus der Nachbarschaft. Nach über 15 Jahren Ermittlungstätigkeit konnte im März des letzten Jahres der bei den Strafverfolgungsbehörden bis dahin als «Phantom» bekannte Täter endlich gefasst werden. Lange waren der Polizei lediglich dessen Fingerabdrücke, DNA und Stimme bekannt. Trotzdem blieb der Täter über Jahre unerkannt und ging den Ermittlern nicht ins Netz. Nach mehreren Einschleichdiebstählen installierte jemand eine Kamera. Als erneut in die Wohnung eingedrungen wurde, erkannten die Betroffenen den Nachbarn als Täter.

Der Angeklagte, ein 45-jähriger im Kanton wohnhafter Luzerner, wird beschuldigt, zwischen 1999 und seiner Festnahme 2014 zahlreiche Einschleich- oder Einbruchdiebstähle begangen zu haben. In einem Fall kommt eine versuchte Brandstiftung hinzu.

Bizarrer Höschen-Fetisch

Laut der Staatsanwaltschaft ging der Angeklagte nach dem immer gleichen Muster vor. Er verschaffte sich Zutritt zu fremden Wohnungen, meistens dann, wenn die Bewohner gerade nicht zuhause waren. Dann beschädigte oder entwendete er hauptsächlich Damenunterwäsche und persönliche Gegenstände wie Fotos, Schmuck oder Schuhe. Oft hinterliess der Angeklagte den Opfern ganz bewusst Zeichen seiner Anwesenheit.

So verschob er etwa Einrichtungsgegenstände, schaltete Haushaltgeräte ein oder aus, trank Kaffee oder verpflegte sich in den fremden Küchen. Einmal legte er gar ein Telefon in die WC-Schüssel. In einzelnen der über 100 Fälle soll der Angeklagte seinen Opfern gar nachgestellt und sie belästigt haben, etwa durch anonyme Telefonanrufe.

Angeklagter hat es ganz bewusst auf Frauen abgesehen

Bei den Opfern handelte es sich vor allem um junge, alleinstehende Frauen. Einzelne Opfer seien seither traumatisiert und klagten über Schlaflosigkeit und Angstzustände, berichtete die Staatsanwältin.

Ein Teil der mutmasslichen Delikte ist inzwischen verjährt. Laut der Anklageschrift beträgt Deliktsumme für die nicht verjährten Taten rund 200'000 Franken. Dazu kommen Sachschäden in der Höhe von insgesamt 38'000 Franken. Der Angeklagte war nur in wenigen Fällen geständig. Laut Staatsanwältin können dem Angeklagten aber rund 80 Einschleichdiebstähle auch ohne Geständnis nachgewiesen werden.

Freiheitsstrafe und Psychotherapie gefordert

Für die Staatsanwältin wiegt das Verschulden des Angeklagten schwer. Besonders deshalb, weil der Angeklagte überdurchschnittlich intelligent sei und sich deshalb hätte bewusst sein müssen, wie sehr seine Opfer unter dem Psychoterror leiden würden. In der Strafuntersuchung habe sich der Mann zudem uneinsichtig erwiesen. Er zeige keine aufrichtige Reue. Zudem habe sich seine Haltung von anfänglicher Scham zu Arroganz gewandelt.

Wegen versuchter Brandstiftung, gewerbsmässigem Diebstahl und Sachbeschädigung soll der Angeklagte nun ins Gefängnis. Die Staatsanwältin forderte eine unbedingte Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Dies aufgrund des psychiatrischen Gutachtens, das dem Täter keine gute Prognose stellt. Nach Ansicht des Psychiaters leidet der Angeklagte an einer Persönlichkeitsstörung und dem Trieb, Dinge zu stehlen. Zudem weise sein Verhalten in Bezug auf Frauenunterwäsche fetischistische Züge auf. Allenfalls könne der Strafvollzug aufgeschoben werden, wenn der Angeklagte sich weiterhin der ambulanten Therapie unterziehe, erwog die Staatsanwaltschaft.

Als Jugendlicher gemobbt und sexuell belästigt

Die Verteidigung versuchte die Anklage vor Gericht zu zerpflücken. Schuhspuren seien dürftig, beim Abgleich der DNA-Spuren mit der DNA des Angeklagten sei die Übereinstimmung teilweise zu gering. Der Verteidiger bestritt überdies, dass sein Mandant mit Bereicherungsabsicht und gewerbsmässig gehandelt habe. Ausserdem seien die meisten Delikte nur geringfügig. Einzelne Taten könnten auch auf Handwerker, Kinderstreiche oder gar Versicherungsbetrug zurückzuführen sein, so der Verteidiger. Selbst Diebesgut, das beim Beschuldigten gefunden wurde, war für den Verteidiger nicht beweiskräftig genug. Eine Rolex-Uhr will der Angeklagte in einer Herrentoilette eines Restaurants gefunden haben. Auf eine Schachtel mit Schmuck wolle er zudem auf einem Vita-Parcours gestossen sein.

Vor allem aber wies die Verteidigung darauf hin, dass der Beschuldigte während seiner Lehrzeit in der Modeabteilung eines Einkaufshauses gemobbt und sexuell belästigt worden sei. Als zurückhaltender, sehr scheuer junger Mann sei er von den Frauen im Team dauernd schikaniert und blossgestellt worden. Der Angeklagte selbst erzählte dem Richter während der Verhandlung, dass er aus Frust und Neugier, aber auch aus einem Machtgefühl heraus gehandelt habe. In seinen Antworten bei der Befragung durch das Gericht blieb er indessen sehr vage. Sein Sexualleben sei seiner Ansicht nach normal. Er habe bei seinen Taten keine sexuelle Lust oder Befriedigung verspürt. Ein Gutachten ist indessen zum Schluss gekommen, es läge beim Angeklagten eine Persönlichkeitsstörungen vor, verbunden mit sexuellem Fetischismus.

Angeklagter entschuldigte sich

Zum Schluss der rund dreistündigen Verhandlung entschuldigte sich der Angeklagte bei seinen Opfern. Er bereue zutiefst, was geschehen sei. Er sei sich bei den Taten nicht bewusst gewesen, was er den Opfern angetan habe. Künftig werde er sich regelkonform verhalten.

Die Verteidigung plädierte auf bedingte Freiheitsstrafe von lediglich eineinhalb Jahren. Der einsichtige und reuige Angeklagte solle nicht aus seinem stabilen familiären Umfeld gerissen werden, forderte der Strafverteidiger. Die bereits angeordnete ambulante Therapie solle aber dennoch weitergeführt werden.

Das Urteil des Kriminalgerichts steht noch aus. Es wird den Parteien schriftlich zugestellt und kann an das Kantonsgericht weitergezogen werden.

5. März 2020 - 09:00

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David von Moos
veröffentlicht: 4. Dezember 2015 17:28
aktualisiert: 4. Dezember 2015 17:28