Vernetzt: Zuger Krypto-Startup unter Betrugs-Verdacht

27. Mai 2018, 11:24 Uhr
Nach Gross ICO liegen CEO und Gründer im Streit
© Prospekt Envion
Nach Gross ICO liegen CEO und Gründer im Streit

Das Zuger Startup Envion steht unter Betrugsverdacht. Die Justiz ermittelt nach einer Strafanzeige gegen das Baarer Krypto-Unternehmen. Envion hat beim Gross-ICO über 100 Millionen Dollar anfang Jahr deutlich mehr Tokens ausgegeben, als es den Investoren verkauft hat. CEO Matthias Woestmann macht dafür die Gründer verantwortlich. Diese sagen, die überschüssigen Tokens hätten von Woestmann vernichtet werden müssen. In wessen Besitz sich die ‹überzählen› Tokens heute befinden, ist unklar.

127 Millionen Tokens statt 100 Millionen
Bei einem ICO geben Krypto-Firmen Tokens einer Krypto-Währung aus, um so an Geld zu kommen. Im Fall von Envion eigentlich 100 Millionen Tokens für 100 Millionen Dollar. Allerdings sind mittlerweile 127 Millionen Tokens im Umlauf, was natürlich am Wert der Anteile der Investoren nagt. Die Envion-Gründer sagen, die zusätzlichen 27 Millionen Tokens seien technisch notwendig gewesen, hätten aber rechtzeitig von CEO Woestmann vernichtet werden müssen. Sie hätten Woestmann auch mehrfach darauf hingewiesen. Woestmann selber wirft den Gründern vor, die zusätzlichen Tokens in Umlauf gebracht zu haben. In wessen Besitz die 27 Millionen Tokens sind, ist unklar.

Woestmann hat Gründer entmachtet
Im Zuge der Affäre hat Woestmann - welcher laut kryptoszene.de die volle Kontrolle über die Firma hatte - mit einer Kapitalerhöhung die Gründer entmachtet. Statt ursprünglich 81% halten diese nun nur noch 33% der Anteile an Envion. Trotzdem ist Woestmann auf die Kooperation der Gründer angewiesen. Diese besitzen die für Envion nötigen Patente. Matthias Woestmann hat eine Strafanzeige gegen die Gründer eingeleitet und die Finma informiert.

Schlechtes Investment
Für die Investoren ist Envion ein Debakel. Die Tokens - ursprünglich für einen Dollar ausgegeben - sind heute nur noch 16 Cent wert. Die Idee von Envion ist es, mit grünem Strom Bitcoins zu minen. Allerdings dürfte sich das Geschäftsmodell angesichts fallender Bitcoin-Kurse so oder so als schwierig erweisen.

Ein Fünftel aller ICOs sind faul
Envion ist längst kein Einzelfall. Das Wall Street Journal hat 1450 ICOs untersucht. Bei fast 20 Prozent hat die Zeitung täuschende oder sogar betrügerische Taktiken gefunden. So wurden Whitepapers eins zu eins abgeschrieben, es gab hohe Renditeversprechen oder aber auch gefälschte oder erfundene Angaben zu Firmen und Mitarbeitern. Teilweise wurden einfach Stockfotos mit erfundenen Namen kombiniert und Lebensläufe erfunden. Insgesamt flossen rund 1 Milliarde Dollar in solch zwielichtigen ICOs.

6. März 2020 - 00:56

Vernetzt, Dienstag 22.5.18

Maik Wisler
veröffentlicht: 27. Mai 2018 13:00
aktualisiert: 27. Mai 2018 13:00