Sozialhilfebezüger trotz Tötungs-Plänen ohne Strafe

9. Mai 2019, 15:30 Uhr
Anwalt verteidigte die Tat als Hilfeschrei
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Anwalt verteidigte die Tat als Hilfeschrei

Ein langjähriger Sozialhilfeempfänger hat die Tötung einer Sozialarbeiterin vorbereitet. Bestraft wird er dafür allerdings nicht, weil er die Handlung in den Augen der Richter aus eigenem Antrieb nicht zu Ende führte.

Das Luzerner Kriminalgericht sprach den heute 34-jährigen Beschuldigten der strafbaren Vorbereitungshandlung zu vorsätzlicher Tötung schuldig, wie aus dem am Donnerstag publizierten Urteil hervorgeht. Er hatte im Februar 2017 ein Messer ins Sozialamt mitgenommen und sich vorgestellt, die Sozialarbeiterin zu erstechen, um ins Gefängnis zu kommen.

Staatsanwalt sah darin vorsätzliche Tötung

Der Staatsanwalt sah darin einen versuchten Mord oder versuchte vorsätzliche Tötung und wollte den Angeklagten für sechseinhalb Jahre ins Gefängnis stecken lassen. Dieser hatte vor Gericht erklärt, er sei jahrelang vom Sozialamt schikaniert worden. Zum Tatzeitpunkt habe er eine erneute Einstellung der Sozialhilfe und den Verlust seiner Wohnung befürchtet. «Ich habe darauf gehofft, dass ich ins Gefängnis komme. Da hätte ich ein Dach über dem Kopf, und das Problem mit dem Sozialamt wäre auch weg gewesen.» Daher trug er beim Treffen mit der Sozialarbeiterin ein verbotenes Schmetterlingsmesser auf sich.

Tat als Hilfeschrei

Die Gedanken in seinem Kopf seien gekreist, er habe sich auch bildlich vorgestellt, die Frau in den Hals zu stechen. Gleichzeitig aber habe er gewusst, dass das falsch sei, deshalb habe er es auch nicht ausgeführt. Anschliessend ging er zur Polizei und wurde festgenommen.

Sein Anwalt hatte das Vorgehen als Hilfeschrei verteidigt. «Fakt ist, dass der Angeklagte die Tat nicht ausführte», sagte er. Die Unschlüssigkeit seines Mandanten sei Zeichen von Hemmung und Skrupel. Seiner Forderung nach einem Freispruch vom Vorwurf des versuchten Mordes oder der versuchten vorsätzlichen Tötung kamen die Richter nun nach.

Der Staatsanwalt hatte die Schwelle zum Versuch als überschritten taxiert, weil der Beschuldigte mit dem Messer das Büro der Sozialarbeiterin betrat. Zudem habe er im Vorfeld die Tat detailliert geplant und vorbereitet – so recherchierte er vorab etwa nach dem Strafmass für Mord, setzte seinen Computer neu auf und packte Ersatzkleidung für die Zeit im Gefängnis.

Rolle der Praktikantin

Dass er nicht zur Tat schritt, sei der unverhofften Anwesenheit einer Praktikantin am Gespräch zu verdanken, argumentierte der Staatsanwalt. Die Verteidigung relativierte, der Beschuldigte habe deren Teilnahme am Treffen selber zugestimmt. Das Gericht beliess die Vorbereitungshandlung straffrei, weil der Täter diese aus eigenem Antrieb nicht zu Ende geführt habe.

Für das Tragen des Messers verhängten die Richter eine Geldstrafe von 10 Tagessätzen à 10 Franken wegen Widerhandlung gegen das Waffengesetz. Er muss sich an den Verfahrenskosten beteiligen. Das Urteil liegt erst im Dispositiv vor und ist somit noch nicht rechtskräftig.

Das Gericht ordnete zudem eine stationäre Massnahme an. Der Beschuldigte befindet sich bereits in einer psychiatrischen Klinik, wo er sich laut eigenen Angaben gut aufgehoben fühlt. Laut einem Gutachten leidet er an einer Persönlichkeitsstörung.

(Quelle: sda)

veröffentlicht: 10. Mai 2019 06:00
aktualisiert: 10. Mai 2019 06:00