Psychologe ordnet ein

Lesen 18-Jährige noch Zeitung? Gratis-Abo im Kanton Schwyz spaltet Meinungen

Nicole Huber, 27. August 2023, 09:42 Uhr
Ein Jahr Gratis-Zeitung für 18-Jährige: Dies fordern zwei Schwyzer Kantonsparlamentarier in einem Vorstoss. Mit dem Ziel, das Medieninteresse der Jugendlichen zu fördern. Jugendliche äussern sich kritisch dazu. Eine gute Idee findet dies hingegen ein Experte.

Jugendliche informieren sich häufig über TikTok, Instagram und Co. anstelle von lokalen Medien. Für Schwyzer SP-Politikerinnen und Politiker ein Grund zu handeln. Mit ihrem Vorstoss fordern sie, dass 18-jährige Schwyzerinnen und Schwyzer ein Jahr lang ein Gratis-Abonnement ihrer regionalen Wunschzeitung erhalten. So sollen sich Jugendliche auch mehr für lokale News interessieren.

Angebot hat schweren Stand

Auf ein gratis Zeitung-Abo angesprochen zeigten sich diejenigen, die davon profitieren sollen, also die Jugendlichen selbst allerdings skeptisch. «Ich glaube, ich würde das Angebot nicht nutzen», sagt beispielsweise die 15-jährige Noelia aus Steinen.

«Auf meinem Handy und in den sozialen Medien erfahre ich einfach schneller mehr», so Noelia weiter. Mit dieser Meinung ist sie nicht allein. Auch Suela aus Ibach sieht das geforderte Angebot kritisch. «In Zeitungen ist es oftmals so, dass Texte ewig lange sind. In den sozialen Medien hingegen sind die Informationen kurz und knapp zusammengefasst, das gefällt mir besser», findet die 16-Jährige.

Sind herkömmliche Medien zu altmodisch für die Jugendlichen?

«Es ist schon so, dass Jugendliche sich hauptsächlich mit Promis und internationalen Themen beschäftigen», erklärt Oliver Bilke-Hentsch, Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie Luzerner Psychiatrie (LUPS) gegenüber PilatusToday und Tele 1. Daher sei es nicht verwunderlich, dass regionale Zeitungen mit lokal-politischen Themen unattraktiv für Jugendliche sind.

Deshalb geht der Experte auch nicht davon aus, dass eine Mehrheit der 18-Jährigen von einem gratis Zeitung-Abo Gebrauch machen würden. «Ich kann mir vorstellen, dass 20 bis 30 Prozent das Gratis-Abonnement nutzen würden», so Bilke-Hentsch.

Um das Interesse der Jungen aber dennoch zu wecken, empfiehlt Bilke-Hentsch, dass Medien mit Rankings, Bildern, Umfragen oder Wettbewerben arbeiten. «Es muss jugendlich daherkommen und sehr aktuell sein.» Lange Texte und komplizierte Formulierungen seien deshalb zu vermeiden. Zudem helfe es, wenn das Medium über einen Social-Media-Account verfügt und so Informationen verbreitet.

Vorstoss zeugt von Wertschätzung

Auch wenn die Lokalmedien laut Experten nicht auf Platz 1 der Jugendmedien zu finden sind, gibt sich der Chefarzt optimistisch. «Dass solch ein Vorstoss gemacht wurde, zeigt den Jugendlichen, dass sie wertgeschätzt werden.» Gerade während der Corona-Pandemie hätten Jugendliche oftmals das Gefühl gehabt, dass sich Staat und Kanton nicht um sie kümmern. Mit einem Gratis-Abonnement bei der Lokalzeitung – oder zumindest mit dem Willen danach – zeige man Wertschätzung. «Das ist psychologisch sehr wertvoll.»

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 25. August 2023 06:50
aktualisiert: 27. August 2023 09:42