Herausforderung für Lokführer

«Es handelt sich nur um Sekunden»: BLS-Fahrer berichtet

Nadine Purtschert, 8. September 2023, 15:19 Uhr

Quelle: Tele 1

Täglich springen Menschen über das Bahngleis. Ein Bahnunternehmen hat mit einer erschreckenden Kampagne auf diese Gefahr aufmerksam gemacht. Lokführer erleben solche Momente hautnah. Wir haben mit einem gesprochen. Er erzählt, was solche Erlebnisse mit einem machen.

Max Schönthaler ist seit drei Jahren Lokführer beim Transportunternehmen BLS. Die schockierenden Momente der Sensibilisierungsvideos des Transportunternehmens Aargau Verkehr (AVA) erlebt er in seinem Beruf dauernd. Psychisch sei dies nicht immer ganz einfach.

Max Schönthaler aus Goldau erzählt von seinen Erlebnissen als Lokführer.

© PilatusToday

Die Kampagne will darauf aufmerksam machen, wie knapp es werden kann, ehe ein Unglück bei einem Bahngleis geschieht. Solch ein Unglück beträfe dann nicht nur die Angehörigen und die betroffene Person, sondern auch den Lokführer oder die Lokführerin.

Quelle: PilatusToday

Sekunden können entscheidend sein

Solche Momente vergisst man nicht: «Ich habe die verschiedensten Sachen gesehen. Einmal geriet ein Hund fast unter den Zug oder eine verwirrte Person blieb auf dem Gleis stehen. Es kann innert Sekunden wirklich schnell brenzlig werden», erzählt er PilatusToday und Tele 1.

Der Lokführer zeigt, was er machen muss, wenn er jemanden auf dem Gleis sieht.

© PilatusToday

Dabei kommt es nicht selten vor, dass er die Notbremse ziehen muss. «Einmal musste ich aufgrund von Jugendlichen voll bremsen. Sie machten eine Mutprobe, wie schnell man noch vor dem Zug aufs Gleis runterspringen kann und wieder weg. Als Lokführer hat man schon alles erlebt», erzählt er aufgebracht.

Solche Erlebnisse können einem nahe gehen. Der BLS-Lokführer ist beruhigt, dass er noch keine Situationen mit einem unglücklichen Ende erleben musste. Trotzdem könne jeder erlebte Vorfall belastend sein.

In der Ausbildung lernen die Lokführer, wie mit man mit solchen erschreckenden Momenten umgeht. Ein Care-Team steht ihnen zur Verfügung. Besonders hälfe es aber Schönthaler, sich mit den Arbeitskollegen auszutauschen. «Im Standort Luzern haben wir ein sehr gutes Verhältnis zueinander. Im Team erzählt man sich so etwas und unterstützt sich.»

Notbremse nicht selten im Einsatz

Wichtig in solchen Momenten sei es, dass man das, was man machen könne, in die Wege leitet. Es helfe bei der Bewältigung des schockierenden Erlebnisses, wenn man wisse, dass man alles in seiner Macht stehende getan habe, so Schönthaler.

Hebel für die Vollbremse, Pfeife und Warnlichtumschaltung von weiss auf rot: Dies sind die Möglichkeiten eines Lokführers in heiklen Situationen.

© PilatusToday

Einfahrt Luzern als gefährlicher Hotspot

Wenn er in Luzern einfahre, erlebe er regelmässig heikle Momente: «100 Leute steigen aus dem Zug nebenan aus, verteilen sich auf dem ganzen Perron und brauchen auch die andere Seite. Zum Teil gehen sie hinter der weissen Sicherheitslinie und haben Kopfhörer in den Ohren.» Das sei schlimm, sagt der Lokführer.

Er fährt fort: «Jetzt fahre ich am Gleis nebenan ein. Da geht jemand sehr nahe am Rand entlang. Vielleicht gebe ich einen Pfiff ab, den die Person nicht einmal hört – und am Bahnhof ist dieser wahnsinnig laut. Da stell ich mir immer die Frage, wie ich reagiere, wie viel noch ‹spatzig› ist, weil ausweichen kann ich nicht.»

Heikle Momente erleben, korrekt agieren und psychisch damit klarkommen – dies alles gehöre zum Alltag eines Lokführers.

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Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 8. September 2023 15:19
aktualisiert: 8. September 2023 15:19