Diskriminierung?

Streit um Kopftuch am Arbeitsplatz: Migros kündigt Luzernerin fristlos

23. Februar 2024, 21:37 Uhr
Eine Luzernerin wollte ein Kopftuch tragen. Kurze Zeit später kam die Kündigung. War sie rechtens? Ein Arbeitsrechtsanwalt ordnet ein.
© PilatusToday / getty images
Nach mehreren Jahren als Kassiererin in der Migros hat sich eine Luzernerin dazu entschieden, künftig ein Kopftuch zu tragen – und dies auch am Arbeitsplatz. Der Entscheid stiess bei ihrer Arbeitgeberin Migros auf Widerstand und führte letztendlich zur Kündigung.

Als sich die Kurdin dazu entschieden hat, in Zukunft ein Kopftuch zu tragen, habe sie sofort das Gespräch mit ihrer Arbeitgeberin gesucht. Dies, um sicher zu gehen, dass sie auch mit Kopftuch zur Arbeit gehen darf. Die Antwort liess lange auf sich warten. Dann kam die fristlose Kündigung, so die Kurdin gegenüber «20 Minuten».

Kurdin geht rechtlich gegen Migros vor

«Mein Chef sagte mir, dass ich nicht mit dem Kopftuch zur Arbeit kommen dürfe. Sonst würde ich nach Hause geschickt», so die Luzernerin, die anonym bleiben will. Der Grund für das Verbot sei die Kleiderordnung des Konzerns. Diese besagt, dass keine religiösen Symbole während der Arbeit zu erkennen sein dürfen. «Aber meine Mitarbeiterinnen durften mit riesigen tätowierten Kreuzen auf der Hand arbeiten», sagt die 42-Jährige. «Ich fühle mich wirklich diskriminiert.»

Auch ein Wechsel in eine andere Abteilung sei für die Migros nicht möglich gewesen. Daraufhin habe sich die Luzernerin für die nächsten Arbeitstage abgemeldet. Es folgte die fristlose Kündigung. Diese lässt die Kurdin aber nicht auf sich sitzen – sie klagt nun gegen ihre ehemalige Arbeitgeberin.

Das sagt die Migros zu dem Vorwurf

«Die Kleiderordnung für Filialpersonal der Genossenschaften ist national geregelt mit Raum für die Genossenschafts- bzw. Unternehmens-spezifische Ausgestaltung», argumentiert die Mediensprecherin der Migros, Carmen Hefti. Mitarbeitende mit Kundenkontakt dürfen generell keine Kopfbedeckung tragen. Dazu gehören somit auch Kopftücher, Turbane oder Kippas.

Aber: «Aktuell sind wir in Diskussion mit den Genossenschaften, die Kleiderordnung in einigen Punkten anzupassen.» Der Punkt der Kopfbedeckung im Allgemeinen sei Teil davon, so Hefti.

Auf den konkreten Fall der Luzernerin und warum eine Umdisponierung nicht möglich war, darauf will der Grosskonzern aus Datenschutzgründen nicht weiter eingehen. Ein Funktionswechsel innerhalb der Firma sei grundsätzlich möglich, wenn die Anforderungen, wie Physis, Ausbildung und Kompetenz passen und es eine freie Stelle gibt», so die Migros.

Diskriminierung? Das sagt der Rechtsanwalt

«Interessant wäre vorliegend zu wissen, wie die Migros das Tragen von anderen religiösen Symbolen handhabt. Wenn generell Kopfbedeckungen verboten sind, könnte auch die Frage einer sogenannten indirekten Diskriminierung vorliegend von Relevanz sein», so Arbeitsrechtsanwalt Livio Stocker gegenüber «20 Minuten».

Zur Frage, ob die Migros eine Umdisponierung hätte vornehmen müssen, weiss Stocker: «Befindet sich eine Arbeitnehmerin aufgrund ihrer geschuldeten Arbeitsleistung und ihrer Religion in einem Konflikt, so hat sich die Arbeitgeberin zu bemühen, eine entsprechende Alternative zu schaffen, damit die Arbeitnehmerin die geschuldete Arbeitsleistung erbringen kann». Aber: «Es gibt keine gesetzliche Pflicht für eine Arbeitgeberin, einer Mitarbeiterin eine Alternative im Lager oder der Logistik zu verschaffen.»

Und die fristlose Kündigung?

Diese sei rechtens, wenn das Vertrauen zwischen Arbeitergeberin und Arbeitnehmerin so gebrochen ist, dass eine weitere Zusammenarbeit unmöglich ist. Auch die Arbeitsverweigerung der Kurdin sei ein weiterer Grund für solch eine Kündigung.

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(red.)

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 21. Februar 2024 14:16
aktualisiert: 23. Februar 2024 21:37