Prozess

Urteil für Messerstecher aus Luzern folgt im November

24. Oktober 2023, 17:47 Uhr
Ein Mann steht wegen der Tötung seiner Partnerin vor dem Luzerner Kriminalgericht. (Symbolbild)
© KEYSTONE/URS FLUEELER
Ein 36-jähriger Mann aus dem Kanton Luzern soll seine Partnerin im Sommer 2021 mit über 60 Messerstichen getötet haben. Während zweier Tage musste er sich vor dem Luzerner Kriminalgericht verantworten.

Am zweiten Prozesstag hielten Staatsanwaltschaft und Verteidiger ihre Plädoyers. Die Staatsanwältin beantragte eine lebenslange Freiheitsstrafe mit einer ambulanten strafvollzugsbegleitenden Therapiemassnahme. Sie beschrieb die Tat als «skrupellos», das Handeln als «grausam».

Als Motiv nannte sie das Kontrollbedürfnis des Beschuldigten. Am Abreisetag habe er realisiert, dass seine Partnerin auch ohne ihn nach Honduras zu ihren Eltern reisen würde. Aufgrund seiner besitzergreifenden Natur sei er wütend geworden und habe im Versuch sie in seinem Machtbereich zu halten angegriffen.

Ähnliche Argumente brachte auch die Anwältin der Zivilkläger in ihrem Plädoyer hervor. Sie vertrat die drei Kinder der getöteten Frau. Pro Kind beantragte sie eine Genugtuung von 70'000 Franken und einen Schadensersatz von rund 10'000 Franken. Und sie teilte mit, dass auch dem Vater der drei Kinder nach dem Tod ihrer Mutter von einer Drittperson das Leben genommen wurde.

«Aufbrausende» Persönlichkeit

Der Verteidiger stellte den Antrag, den Beschuldigten vom Tatvorwurf des Mordes freizusprechen. Er sei Opfer eines «traumatischen Kontrollverlusts» geworden. Seine Abwehrhandlungen habe er weder steuern, noch dosieren können aufgrund der durch Long-Covid verursachten Bewusstseinsstörung. Auch die Zivilforderungen seien abzuweisen.

In seinem Plädoyer erklärte er, dass sein Klient immer damit einverstanden gewesen sei, dass seine Partnerin alleine nach Honduras fliegen würde. Sie habe aber nicht akzeptieren können, dass er sie nicht begleitete. Als sie realisiert habe, dass dieser die Reise nicht mit ihr antreten würde, habe sie ihn mit dem Messer angegriffen.

Der Verteidiger attestierte dem Opfer eine nachgewiesene Gewaltneigung. Diese sei bereits in vergangenen Beziehungen zum Vorschein gekommen. Sie habe eine «enorm aufbrausende Persönlichkeit» sowie eine «vorbelastete Vergangenheit».

Gutachten «nicht verwertbar»

Neben dem Freispruch forderte der Verteidiger, einige der Einvernahmen von 2021 als nicht verwertbar einzustufen. Dies aufgrund der Long-Covid-Erkrankung des Beschuldigten, die kognitive Beeinträchtigungen zur Folge gehabt haben könnte.

Auch sei das psychiatrische Gutachten des Beschuldigten als nicht verwertbar einzustufen. An diesem habe neben Psychiater Frank Urbaniok ein weiterer Psychologe mitgearbeitet, ohne die Zustimmung des Beschuldigten oder der Verfahrensleitung. Dies sei nicht zulässig.

Opfer sei nicht gewaltbereit gewesen

In ihrer Replik wies die Staatsanwaltschaft die Vorwürfe des Verteidigers zurück. Das Opfer habe über keine Gewaltaffinität verfügt. Auch sei sie in vergangenen Beziehungen nicht gewalttätig gewesen. Dazu seien umfassende Abklärungen durchgeführt worden.

Auch sei die Long-Covid-Erkrankung des Beschuldigten seitens der Staatsanwaltschaft nie bagatellisiert worden. Im Gegenteil, es seien umfangreiche Abklärungen und Tests durchgeführt worden.

Ebenso sprach sich die Staatsanwältin gegen das Argument der Notwehr aus. Es habe keine Bedrohungssituation bestanden. Die Schilderung, das Opfer habe den Beschuldigten angegriffen, sei eine Behauptung, die nirgends eine Stütze finde. Die Messerstiche in den Rücken des Opfers sprächen ebenfalls dagegen.

Der Verteidiger hielt sich kurz. Er stellte dem Gericht einen Antrag auf Einsicht in Akten, die sich in Bellinzona befänden. Diese sollen angeblich das Verhalten des Opfers in vergangener Ehe genauer belegen können. Das Gericht berät bis zum 9. November über den Antrag. Falls es ihm nicht stattgeben sollte, folgt an jenem Tag der Urteilsspruch.

(sda)

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Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 24. Oktober 2023 17:46
aktualisiert: 24. Oktober 2023 17:47