Kriens

«Von Patienten über Schliessung erfahren»: Kinderarzt versinkt in Arbeit

Janis Schaller, 15. September 2023, 06:45 Uhr
Die Kinderarztpraxis Luzern-Süd geht derzeit durch eine stressige Zeit.
© KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER
Viele Krienser Familien sind verunsichert, denn eine der zwei Kinderarztpraxen in Kriens schliesst demnächst. Während die zweite Praxis in der Arbeit versinkt, wartet die Politik zu obwohl kurzfristige Massnahmen gefordert wären.

Die Kinderarztpraxis Luzern-Süd versinkt in der Arbeit. Dies, nachdem bekannt wurde, dass die Praxis von Dr. Bütler im Dorfzentrum per Ende September schliesst. Für viele Familien kam dieser Schritt überraschend. Die künftige, medizinische, Versorgungssituation hinterlässt viele Familien verunsichert. Das Krienser Parlament hat nun einen Vorstoss von Davide Piras (Die Mitte) an das zuständige Departement weitergeleitet.

Problematik war schon länger bekannt

Dass eine Nachfolge für Doktor Bütler irgendwann fällig wird, war nichts Neues. Auch nicht für die Kinderarztpraxis Luzern-Süd. Es war schon beim Zeitpunkt der Praxisgründung Ende 2019 vorhersehbar, dass sie irgendwann mit dieser Problematik konfrontiert sein würden. Vom Zeitpunkt und den Reaktionen in den letzten Wochen wurden sie dennoch überrascht, wie Carole Winiger-Candolfi, gegenüber von PilatusToday und Tele 1 erklärt.

Situation erfordert rasche Strukturänderung

«Wir haben von Patienten über die Praxisschliessung erfahren.» Das sei aber nicht direkt ein Vorwurf an Dr. Bütler, denn die Kommunikation unter den Kollegen ist im Allgemeinen sehr gut, es ist daher anzunehmen, dass sich die Dinge in den letzten Wochen und Tagen wahrscheinlich schlichtweg überschlagen haben, so Winiger.

Der Empfang der Kinderarztpraxis von Carole Winiger-Candolfi ist derzeit vielbeschäftigt.

© Kinderarztpraxis Luzern-Süd

Seitdem das bekannt wurde, bewältigen sie 30 bis 50 zusätzliche Anrufe und E-Mails pro Tag. Die Mitarbeitenden würden Zusatzschichten leisten, nur um diese Anfragen zu beantworten und die neuen Patienten aufnehmen zu können. «Wir müssen akut die Strukturen und Abläufe neu definieren und anpassen, damit wir die massive Anzahl an Neupatienten bewältigen können.» Auf der Homepage verdeutlicht ein Pop-up die nötige Priorisierung der Praxis und bittet um Geduld.

Besucht man die Website der Praxis Luzern-Süd, kommt ein Pop-up, welches auf die aktuelle Situation aufmerksam macht.

© Screenshot: kapls.ch

Kurzfristige Massnahmen erforderlich

Die Patientenakten müssen in digitaler Form vorgelegt werden, um die Registrierung der Neupatienten in die Patientensoftware zu vereinfachen. Das sei trotzdem ein grosser Zeitaufwand für die Mitarbeitenden. Einen Patienten aufzunehmen, koste sie je nach dem ein bis zwei Stunden Zeit, sagt Winiger-Candolfi. Wenn sie die Dossiers schon digital bekommen, könne man diesen Aufwand etwas verringern. Zudem legen sie den Fokus auf Familien mit Kindern jünger als acht Jahre. Denn das seien jene, die regelmässig einen Kinderarzt benötigen, so Winiger-Candolfi.

Kapazität wäre vorhanden – mit Einschränkungen

Die Praxis hat aber für die Zukunft vorgesorgt. So ist seit kurzem das ganze Erdgeschoss mit total zehn Behandlungszimmern ausgestattet. Wenn das Personal auf Ärzte- und MPA-Seite vorhanden wäre, könnte man einen grossen Teil der Patienten abfedern. «Die räumliche Kapazität würde ausreichen, um die kommenden Neugeburten von Kriens fortlaufend abzudecken», heisst es vonseiten der Kinderarztpraxis Luzern-Süd.

Dennoch müsse die Praxis eine Priorisierung vornehmen unter der aktuellen Situation und den schwierigen Bedingungen, weitere dringend benötigte Kinderärzte und Medizinische Praxisassistentinnen und Praxisassistenten zu finden. Man sei sehr gerne für die Bevölkerung von Kriens und Umgebung da, sagt Carole Winiger-Candolfi, eine geographische Fokussierung sei jedoch insofern schwierig, dass die Lage in vielen umliegenden Gemeinden ebenfalls angespannt ist, weshalb wir Patienten auch von weiter her betreuen dürfen.

Carole Winiger-Candolfi möchte möglichst bald in den politischen Prozess mit einbezogen werden.

© Kinderarztpraxis Luzern-Süd

«Mit» statt «neben» der Politik reden

Eine pfannenfertige Lösung für die Zukunft gibt es aber dennoch nicht. Was sich die Kinderarztpraxis Luzern-Süd am meisten wünscht? «Als direkt betroffene, die am Puls der Zeit sind und somit die Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen kennen, sowohl der Eltern und ihren Kindern wie auch der Ärzteschaft, sowie die Strukturen geschaffen haben, um umsetzbare Lösungen anbieten zu können, wäre es uns ein Anliegen, wenn wir Teil dieser Diskussion sein könnten», so Carole Winiger-Candolfi in einem Telefongespräch mit PilatusToday.

Sie hoffen, dass sie baldmöglichst in den politischen Prozess der Stadt Kriens mit einbezogen werden. Mitte-Politiker Davide Piras hat einen Vorstoss eingereicht, über den gemäss der Krienser Regierung im Oktober debattiert wird. Sollte die Politik den Vorstoss gutheissen, würde die Praxis von Doktor Winiger sicher kontaktiert werden, behauptet Cla Büchi, Sozialvorsteher der Stadt Kriens, gegenüber PilatusToday.

Sollte es so weit kommen, dürfte die Bevölkerung von Kriens auf eine gute Lösung hoffen. Wie die aussieht und ob es überhaupt passiert, wird schon bald diskutiert werden. Derweilen versucht die Kinderarztpraxis Luzern-Süd den Überblick zu halten, dass die Versorgungssicherheit nicht gefährdet wird.

(jas.)

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 15. September 2023 06:36
aktualisiert: 15. September 2023 06:45