Fall Malters: Psychologisches Gutachten unklar

1. Juli 2019, 20:20 Uhr
Das Urteil soll heute um 17 Uhr gefällt werden

Im Prozess zum Fall Malters wird heute vor dem Luzerner Kantonsgericht über die Urteilsfähigkeit der verstorbenen Frau diskutiert. Im Zentrum steht ein Gutachten zu ihrem damaligen psychischen Zustand. Das Gericht will das Urteil noch heute, um ca. 17:00 Uhr, fällen oder über das weitere Vorgehen informieren.

Die Frau, die sich beim Polizeieinsatz in Malters 2016 erschossen hatte, hat wahrscheinlich an paranoider Schizophrenie gelitten. Davon geht ein vom Kantonsgericht in Auftrag gegebenes Gutachten aus. Damit wollte man abklären, ob das Opfer zum Zeitpunkt des Suizides urteilsfähig war oder nicht. Wie der Zustand der Frau während des Polizeieinsatzes in Malters war, kam aus dem Gutachten nicht ganz klar heraus. Die Frau sei wahrscheinlich nicht in einem völligen Wahn gewesen.

«Keine freie Entscheidung»

Der Anwalt des Privatklägers, Oskar Gysler, betonte in seinem Plädoyer, dass die Frau den Entscheid zum Suizid nicht frei, sondern unter Druck gefällt haben müsse. Der verstorbenen Frau fehlte es an Erkenntnisfähigkeit, es lag eine verzerrte Wahrnehmung der Realität vor. Sie glaubte, für längere Zeit in der Psychiatrie bleiben zu müssen. Und:
«Sie erhielt nicht die von ihr geforderte Bedenkzeit», sagte er. Dies sei einer Verweigerung gleichzusetzen.

Die Tatsache, dass die Frau nicht Einlass in ihre Wohnung gewähren wollte, zeige, dass die Frau die Realität verkannte, sagte der ausserordentliche Staatsanwalt, der Aargauer Christoph Rüedi. Die Abwägung, dass sie den Suizid einem Klinikaufenthalt vorzog, mache keinen Sinn. «Dies ist kein Vernunftsentscheid», so der Staatsanwalt. Sie fühlte sich offenbar in eine Ecke gedrängt.

Die Verteidigung der beiden Beschuldigten betonte, dass die Gutachter feststellten, die Frau sei während der Telefongespräche mit der Polizei «wach, bei Bewusstsein und orientiert» gewesen. «Die Frau konnte dominant ihre Absicht kundtun, sich nie mehr eine Psychiatrie einliefern zu lassen.» Die Frau habe zu jeder Zeit einen «intakten Realitätsbezug» gehabt.

Der Fall Malters

Im März 2016 wollte die Luzerner Polizei ein Haus in Malters durchsuchen. Es gab einen Verdacht auf eine illegale Hanfanlage. Im Haus war die Mutter des mutmasslichen Hanfbesitzers. Sie war bewaffnet und wehrte sich gegen den Polizeieinsatz. Als die Polizei das Haus stürmte, erschoss sich die Frau.

Der Kommandant der Luzerner Polizei, Adi Achermann, und der damalige Chef der Kriminalpolizei, Daniel Bussmann, mussten sich deswegen im August 2018 in zweiter Instanz vor dem Kantonsgericht Luzern wegen fahrlässiger Tötung verantworten. In erster Instanz waren sie freigesprochen worden.

Quelle: sda

5. März 2020 - 23:52

Fall Malters: Das psychologische Gutachten ist unklar

Yanik Probst, Radio Pilatus AG
veröffentlicht: 1. Juli 2019 13:30
aktualisiert: 1. Juli 2019 20:20