Neil Diamond - Home Before Dark

12. Juni 2015, 05:10 Uhr

In den Siebzigern feierte Neil Diamond mit Songs wie «I Am I Said», «Sweet Caroline» oder «Sung Sung Blue» Riesenerfolge, ehe es irgendwann ruhig um ihn wurde. Bis Rick Rubin, der auch Johnny Cashs wunderbare «American Recordings»-Serie produziert hatte, ihn vor das Mikro bittet und ihm schliesslich ein famoses Comeback beschert.

Auf «12 Songs» schien die Angst des einstigen Entertainers mitzuschwingen, das erste Mal seit Jahren seine Songs allein zur Akustikgitarre vorzutragen. Auf «Home Before Dark», das in den USA bereits die Chartsspitze erklommen hat, klingt der 67-jährige Diamond hörbar selbstbewusster und expressiver als noch auf dem Vorgänger.

Die Instrumentierung fällt etwas üppiger aus, ohne dass Rubin jemals sein Ziel aus den Augen verloren hätte, den Liedern ihre Essenz abzuringen. Bis auf Matt Sweeney an der Gitarre ist auch die Bandbesetzung die gleiche geblieben, auf Drums wird erneut verzichtet, die Gitarre und das Piano prägen die Kompositionen.

Mit grossartiger Melodielinie schliesst die Ballade «If I Don't See You Again» mit weichen Gitarrenschlägen und Pianotupfern nahtlos an «12 Songs» an, der markante Bariton Diamonds hat nichts an Ausdruckskraft eingebüsst. Während er in «Pretty Amazin Grace» zur perlend gezupften Akustischen mit melancholischer Note über die Notwendigkeit von Liebe und Hoffnung sinniert, gibt er in «Don't Go» mit stimmlicher Variabilität zur Gitarre, Hammondorgel und Backgroundchor den lässigen Blueser.

Ein ruhiger Höhepunkt folgt mit «Another Day (That Time Forgot)», ein eindringliches, gemeinsam mit dem Dixie Chick Nathalie Maines intonierten Duett. Thematisch ist für Diamond der Verlust der Liebe und die anschliessende Selbstfindung zentral, ob in «Forgotten», das mit einem sich stetig zuspitzenden Refrain aufwartet, dem schönen «Act Like A Man», das sich im sanften 3⁄4-Takt wiegt, das melodramatische «Whose Hands Are These» mit verschlungenem Melodiebogen oder «No Words», dessen Struktur an seinem Hit «Beautiful Noise» erinnert.

Im zurückgelehnten «Slow It Down» mimt Diamond den weisen alten Mann, der den Kindern zu repetitiven Gitarrenakkorden rät, das Leben nicht allzu schnell anzugehen. Sein Werdegang gibt ihm wohl Recht. Ganz unaufdringlich beschliesst er das Album mit dem eindringlichen Titeltrack wieder zur gezupften Gitarre und zarten Synthie-Arrangements.

Mit «Home Before Dark» ist Neil Diamond endgültig Zuhause angekommen, sein typisches Songwriting entfaltet in diesem sparsamen Ambiente seine volle Geltung. Ein souveränes und vielseitiges Werk, dessen Melancholie von der Gelassenheit des nicht mehr wehmütig zurückblickenden Songwriters überlagert wird und mit dieser behaglichen Stimmung die intimeren «12 Songs» folgerichtig weiterführt.

Veröffentlichung: 8.Mai 2008

www.neildiamond.com

veröffentlicht: 1. Januar 2000 00:00
aktualisiert: 12. Juni 2015 05:10