Randy Newman - Harps And Angels

12. Juni 2015, 05:35 Uhr

Randy Newman ist nach neun Jahren wieder da - und hat den Blues! Und den hat der Perfektionist mit seinem schleppenden, typisch näselnden Stil perfekt verbunden, um dem Volk seine mal herbzarten, mal lächelnd ironischen und wie von ihm gewohnt doch auch immer wieder durchaus bösen Botschaften von einer keineswegs perfekten Welt zu überbringen. Ein bisschen klingt der grosse alte Mann des bissigen Songs und des bitteren Humors dabei heute nach einem anderen Grossen, nach Ray Charles.

Einer wie Randy Newman kann es sich leisten, lange zu pausieren, ohne das Risiko einzugehen, vergessen zu werden. Mit Alben wie z.B. «Little Criminals», «Born Again» und «Sail Away» hat er für ewig den Fuss in der Tür. Nun also zehn neue Songs auf einem Album von knapp 35 Minuten Gesamtlänge. In diesem Fall kann man getrost sagen, in der Beschränkung zeigt sich erst der Meister. Randy Newman hat nichts dem Zufall, will sagen anderen überlassen, alle Texte geschrieben, die Musik komponiert und arrangiert, schliesslich auch das Orchester bei den Aufnahmen dirigiert. Das Ergebnis ist ein echter Newman, perfekt.

Damit wir gleich auf der richtigen Schiene sind, beginnt er mit einem bösen Ende, dem Titelsong «Harps and Angels». Da liegt einer sterbend im Strassengraben und hört schon die Englein singen (Encore!), sieht sie die Arme nach ihm ausstrecken, doch daraus wird nichts. Pech gehabt. Verwaltungspanne im Himmel. Noch einen Tic bitterer ist nach sanftem Streicher-Intro die Ballade «Losing you», die vom tragischen Tod eines jungen Mannes erzählt, der seine gebrochenen Eltern in unendlichem Schmerz zurücklässt. Das geht tief unter die Haut. Ob «Laugh and Be Happy» hilft, sich im fremden, nicht unbedingt gastfreundlichen Land wohlzufühlen, bleibt fraglich. Randy Newman spuckt damit seinem Amerika wieder mal in die Suppe.

Das tut er auch mit «A Few Words in Defense of Our Country» im gross orchestrierten sanften Country-Sound und mit dem kakophonen «A Piece of the Pie». So kennt man ihn, und er ist beileibe nicht altersmilde geworden. Doch es gibt auch den versöhnlichen Ton - den lässt er zum guten Ende mit «Feels Like Home» wundervoll aus der Tiefe des Herzens klingen. Denn auch ein Wadenbeisser braucht eine Heimat, sich an ihr zu wärmen. Ein Album von hoher Güte.

Veröffentlichung: 8. August 2008

www.randynewman.com

veröffentlicht: 11. August 2008 00:01
aktualisiert: 12. Juni 2015 05:35