Lawinen- und Schneesituation

Chaos und hohe Lawinengefahr in der Zentralschweiz nach Föhnsturm

Florian Estermann, 12. März 2024, 08:53 Uhr
Auf vielen Strassen herrschten am vergangenen Wochenende tief winterliche Verhältnisse. (Archivbild)
© KEYSTONE/Gian Ehrenzeller
Mindestens fünf tote Wintersportler im Wallis, ein eingestellter Autoverlad und mehrere tausend Franken Sachschaden im Kanton Uri. Am vergangenen Wochenende sorgte ein erneuter Wintereinbruch für Chaos auf den Strassen und viel Arbeit für den Rettungsdienst in Wintersportgebieten.

«Viel Neuschnee bedeutet eine kurzzeitig sehr hohe Lawinengefahr, während die Gefahrenstufe 3 dabei noch zu den meisten Lawinenunfällen überhaupt führt», bilanziert der Lawinenexperte des WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) Kurt Winkler auf Anfrage. Gefahrenstufe drei von fünf werde dabei oftmals unterschätzt, denn um eine Lawine auszulösen reicht bereits einfaches Skifahren abseits der Piste. Im Gebiet um Zermatt, bei dem sich am Samstag ein Drama mit mindestens fünf Toten abspielte, herrscht aktuell gar die zweithöchste Gefahrenstufe 4.

So präsentiert sich das aktuelle Lawinenbulletin am Montag.

© Schnee- und Lawinenforschung SLF

Um den Tête Blanche waren am Samstag sechs Skitourengänger im Alter zwischen 21 und 58 Jahren unterwegs. Noch am selben Abend bargen die Bergretter fünf der sechs Sportler leblos – eine Person wird weiter vermisst, das schlechte Wetter erschwerte am Sonntag jedoch die Suche.

Der Lawinenexperte Winkler warnt am Montag unerfahrene Berg- und Skitourengängen davor, sich trotz des schönen Neuschnees weit ins steile Gelände vorzuwagen: «Ohne die nötige Erfahrung ist es schwierig die Gefahrenstellen richtig einzuschätzen, deshalb ist eine gute Wahl für unerfahrene Wintersportler aktuell die präparierte Skipiste.»

Viel Geduld für Autofahrer

Wegen viel Neuschnee in den letzten beiden Tagen zeigt sich das Lawinenbulletin aktuell weitgehend in dunklem Orange. Will heissen: weitgehend Gefahrenstufe 3. Der Experte rechnet damit, dass dies in den nächsten Tagen so weitergeht: «Der Föhn wird abnehmen, es kommt jedoch nochmals Neuschnee hinzu – für die Zentralschweiz unter dem Strich ein Nullsummenspiel.» Weitere Prognosen seien jedoch unsicher, deshalb veröffentlicht das SLF jeden Tag zweimal ein aktuelles Lawinenbulletin.

Leidtragende waren am Wochenende jedoch nicht nur Wintersportlerinnen und Wintersportler, sondern auch die Autofahrer. Aufgrund einer grösseren Lawine zwischen Hospenthal und Realp wurde der Autoverlad Furka um 16.30 Uhr komplett eingestellt.

Noch vor dem Lawinenniedergang ereigneten sich auf den Urner Strassen diverse Verkehrsunfälle mit insgesamt mehreren tausend Franken Sachschaden.

Unfall in Andermatt
© Kantonspolizei Uri

Föhn führt zu hoher Lawinengefahr

Auf der Alpennordseite war im Gegensatz zum Wallis und Tessin nicht der starke Schneefall verantwortlich für die hohe Lawinengefahr, sondern der starke Föhn. «Der Föhnsturm hat den ganzen lockeren Schnee der letzten Tage herum geblasen und im Windschatten abgelagert», so Winkler. Diese Triebschneeablagerungen müssen von Wintersportlern erkannt werden, denn diese bieten hohes Gefahrenpotenzial für Lawinen.

(red./efl)

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 12. März 2024 05:38
aktualisiert: 12. März 2024 08:53