Schafriss in Küssnacht

Kantone arbeiten beim Wolfsalarm enger zusammen – doch reicht das?

Sophie Müller, 17. Januar 2024, 07:44 Uhr
Der Schafriss an der Grenze des Kantons Schwyz zum Kanton Luzern wirft Fragen bezüglich des Herdenschutzalarms auf. Damit die Besitzerinnen und Besitzer künftig besser informiert sind, wo sich der Wolf herumtreiben könnte, wollen die Kantone nun besser zusammenarbeiten.

«Drei Schafe nahe der Zuger Grenze gerissen» und «Schafbesitzerin verliert ein Drittel der Schafe»: In Arth und Küssnacht am Rigi im Kanton Schwyz hat es in den vergangenen Tagen gleich zwei Meldungen über Schafsrisse gegeben.

Der Herdenschutzalarm in Schwyz wird bislang hauptsächlich an einen kantonsinternen Verteiler via SMS abgesetzt. Genau dies wurde der Schafbesitzerin in Küssnacht am Rigi zum Verhängnis. Weil ihre Schafe in der Nacht auf Freitag zwar auf einer Weide im Kanton Schwyz waren, der Stall aber in Greppen im angrenzenden Kanton Luzern liegt, hatte sie nach dem Riss in Arth keinen Alarm erhalten.

Ist dieser «Kantönligeist» beim Wolfsalarm zielführend, wo der Wolf ja offensichtlich keine Kantonsgrenzen kennt? Die Antwort auf diese Frage lautet klar «nein». Und die Kantone haben auch bereits reagiert.

Warnung wird nun kantonsübergreifend abgesetzt

Der verheerende Riss mit mindestens acht toten Schafen in Küssnacht scheint dem Kanton Schwyz eine Lehre gewesen zu sein. Zwar gibt die Landwirtin zu: «Die Weide ist nicht herdenschutzkonform gewesen.» Dennoch wäre sie sehr froh gewesen über die Warnung nach dem Riss in Arth nur ein paar Tage zuvor. Tierhalter aus den Nachbarkantonen müssen sich zurzeit proaktiv beim Amt für Landwirtschaft des Kantons Schwyz melden, um einen SMS-Alarm zu erhalten. Das zuständige Amt im Kanton Schwyz hat deshalb nun reagiert.

Der Riss in Küssnacht sei der erste Riss im Grenzgebiet des Kantons Schwyz zu Luzern gewesen. «Auf unserer Adressstammliste sind nun neu auch Wildhüter aus Luzern und Zug. Und im Gegenzug sind unsere Wildhüter auch auf den Listen von Luzern und Zug», sagt Mario Bürgler, Vorsteher des Amtes für Landwirtschaft im Kanton Schwyz.

Auch Daniel Schmid, Wildhüter im Kanton Luzern bestätigt: «Der Herdenschutzalarm ist seit dem Riss in Küssnacht schon verbessert worden und die Kantone Luzern und Schwyz erhalten nun auch gegenseitig die SMS-Info.» Zudem habe man den gegenseitigen SMS-Versand unterdessen auch mit dem Kanton Zug aufgegleist, ergänzt Christian Hüsler, Fachbereichsleiter Jagd und Wildhüter. Der Fall in Küssnacht sei der erste gewesen an der östlichen Kantonsgrenze in Luzern. Mit den Kantonen Obwalden und Nidwalden tausche man die Herdenschutzalarme schon länger aus.

Beim Amt für Wald und Wild im Kanton Zug ist man grundsätzlich zufrieden mit den kantonsübergreifenden Warnungen vor dem Wolf. Gemäss dem zuständigen Abteilungsleiter Roman Keller hat das Warnsystem aber seine Tücken: «Ein Wolf kann pro Nacht problemlos 50 Kilometer zurücklegen. Es kann schnell gehen, dass er an einem anderen Ort ist. Deshalb ist es schwer abzuschätzen, wie weit man informieren muss.»

Sollten die Systeme zusammengelegt werden?

Aktuell hat jeder Kanton sein eigenes System, um Herdenschutzalarme auszulösen. Im Kanton Zug zum Beispiel ist die Jagdverwaltung zuständig. Im Kanton Schwyz ist es etwas komplexer: Das Amt für Landwirtschaft führt den Adressstamm des SMS-Alarms. Dann ist aber die Jagdverwaltung zuständig dafür, dass die Meldung ausgelöst wird. Dazu stellt sie die Meldung der Kantonspolizei zu, welche die SMS dann gestützt auf den Adressstamm auslöst.

Die Systeme zusammenzulegen, wäre also mit Aufwand verbunden. Für Mario Bürgler aus dem Kanton Schwyz wäre es ideal, wenn die Kantone ihre Adressstammlisten zur Alarmierung zusammenlegen könnten. Gemäss Roman Keller aus Zug ist dies keine Lösung, die man anstreben muss. Die Kommunikation zwischen den Kantonen könne man zwar ständig verbessern, grundsätzlich laufe der Austausch in Bezug auf den Wolf aber schon sehr gut.

Helfen könnte laut Keller aber eine einfache und verständliche Karte, auf der man die Wolfsbewegungen verfolgen kann. Eine solche gibt es beispielsweise bereits in Kantonen wie Glarus, wo man noch mehr von Wolfsrissen betroffen ist. «Für mich wäre es wünschenswert, diese auf die ganze Schweiz auszuweiten», sagt er.

So sieht die interaktive Karte mit den Wolfsbewegungen im Kanton Glarus aus.

© Screenshot / gl.ch

Im Kanton Luzern findet man hier eine Übersichtskarte über die Wolfspräsenz der vergangenen drei Jahre.

Schutzmassnahmen bleiben entscheidend

Alarm per SMS hin oder her: Die Herdenschutzmassnahmen des Bundes einzuhalten, ist entscheidend beim Schutz gegen den Wolf. Darüber ist man sich in allen Kantonen einig. «Es ist mittlerweile immer und überall möglich, dass ein Wolf auftaucht», betont Daniel Schmid aus Luzern. Und Mario Bürgler aus dem Kanton Schwyz ergänzt: «Nur der SMS-Alarm nützt nichts. Der Wolf springt über Hindernisse und kriecht untendurch. Die Herdenschutzmassnahmen, wie der Bund sie vorschreibt, komplett und konsequent umzusetzen, ist das A und O.»

Im Fall Küssnacht hat die Schafbesitzerin also eingeräumt, dass ihre Massnahmen zum Schutz ihrer Tiere unzureichend waren. Kritik an der kantonsübergreifenden Koordination finden die Betroffenen fehl am Platz. Viel wichtiger ist es ihnen, dass man sich bewusst ist, dass der Wolf immer näher an die Siedlungsgebiete herankommt. Dies betonen sie am Dienstag gegenüber PilatusToday und Tele 1.

Dass in den Fällen in Küssnacht und in Arth der Wolf die Schafe gerissen hat, ist für die zuständigen Wildhüter der Kantone Schwyz und Luzern klar. Definitiv sollen dies aber die Ergebnisse der DNA-Tests zeigen.

Mit Bäuerin Priska von Rickenbach konnten wir nach dem Schafsriss in Küssnacht sprechen:

Quelle: Radio Pilatus/PilatusToday/Peter Helfenstein/Andreas Wolf

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 17. Januar 2024 06:07
aktualisiert: 17. Januar 2024 07:44