Kanton Luzern

«Kinder sind motivierter» – Homeschooling wird immer häufiger

Vanessa Zemp, Sven Brun, 29. August 2022, 11:17 Uhr
Im Kanton Luzern gibt es immer mehr Homeschooling. (Symbolbild)
© Keystone, PETER KLAUNZER
In der Regel gehen Kinder in eine öffentliche Schule. Vermehrt wird jedoch auch die Möglichkeit von Homeschooling genutzt. Dem Kanton wird vorgeworfen, diesen Trend verhindern zu wollen.

2017 wurde der Verein «Homeschooling Luzern» gegründet. Dies mit dem Ziel, Familien kantonal besser zu vernetzen. «Zurzeit haben wir etwa 90 Familien, die Mitglied sind», sagt Vreny Spichtig. Seither ist der Verein stetig gewachsen. «In den Vorjahren kamen etwa 20 bis 25 Kinder jährlich dazu. Im Schuljahr 2021/22 waren es 50», erklärt Spichtig. Die Eltern würden die Bildung ihrer Kinder immer mehr in die eigenen Hände nehmen wollen.

Corona als Homeschooling-Booster

Im Kanton Luzern gab es im Schuljahr 2021/22 insgesamt 105 Schulkinder, die privat unterrichtet wurden. Zum Vergleich: Fünf Jahre zuvor lag diese Zahl noch bei 38. «Während mehreren Jahren veränderte sich der Anteil von Lernenden mit Privatunterricht kaum. Die Pandemie jedoch führte zu einem Boom», schreibt der Kanton auf Anfrage.

Der Einfluss der Corona-Pandemie erklären sich die Behörden wie folgt: «Manche Eltern, welche mit den Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie nicht einverstanden waren, haben sich für Privatunterricht entschieden.» Dieser Meinung ist auch Vreny Spichtig: «Die Maskenpflicht hat die Eltern wachgerüttelt.»

Ein weiterer Grund für das Homeschooling sei laut dem Verein das System: «Häufig passt das Kind nicht ins Schulsystem. Dies kann aufgrund Unter- oder Überforderung sein.» Kinder, die nicht ins Schulsystem passen, hätten oftmals einen längeren Leidensweg hinter sich.

Die Schwierigkeit beim Homeschooling sei aber oft, eine passende Lehrperson zu finden. «Es gibt aber immer mehr Lehrpersonen, die aus Überzeugung aus dem Schulsystem aussteigen und ihre Ressourcen den Familien privat zur Verfügung stellen.» Oftmals seien Familien auch dazu bereit, mehrmals in der Woche mit ihren Kindern quer durch den Kanton zu den Lehrpersonen zu fahren.

Voraussetzungen werden erhöht

«Der Kanton hat diesen Mai eine klare Verschärfung umgesetzt», meint Spichtig. 2017 hatte der Verein «Homeschooling Luzern» erreicht, dass eine Lehrperson zweimal vier Kinder unterrichten darf. Nun habe der Kanton dies wieder auf einmal vier Kinder zurückgestellt. «Der Kanton kann das Homeschooling gesetzesmässig nicht verbieten, doch die Anforderungen und Rahmenbedingungen immer wieder erhöhen», meint sie.

Auch reiche für Eltern eine Matura zum Unterrichten nicht mehr aus. Der Kanton fordere neu fachdidaktische und methodische Kompetenzen, die nachgewiesen werden müssen. «Begründung: Der Lehrplan 21 sei komplexer», erläutert Vreny Spichtig.

Der grosse Vorteil vom Privatunterricht sei es, dass besser und differenzierter auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes eingegangen werden könne. «Auch können Kinder im Homeschooling viel interessengesteuerter Lernen», sagt Spichtig. Ein Kind im Homeschooling hätte mehr freie Zeit und könne dadurch intensiver den Hobbies nachgehen.

Homeschooling birgt Gefahren

Das Homeschooling ist beim Lehrerinnen- und Lehrerverband des Kantons Luzern bereits länger ein Diskussionsthema. Bereits im Januar sagte der Präsident, Alex Messerli, gegenüber PilatusToday: «Dass der Unterricht zu Hause die gleiche Qualität wie die in der Volksschule erreicht, ist nicht möglich.» Zudem hatte er auf die Vorteile der Volksschule auf zwischenmenschlicher Ebene verwiesen: «In einer Volksschule für alle treffen sich Kinder und Jugendliche aus dem ganzen Spektrum einer Gesellschaft.»

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 29. August 2022 10:57
aktualisiert: 29. August 2022 11:17