Baunebengewerbe

Lernende fallen durch die Prüfung: «Es fehlt an Motivation und Durchhaltevermögen»

Vanessa Zemp, 17. Mai 2022, 08:50 Uhr
Viele Lernende im Baunebengewerbe fallen durch die Abschlussprüfung. (Symbolbild)
© GettyImages
Auffallend viele Lernende aus dem Baunebengewerbe fallen durch die Lehrabschlussprüfungen. Ein Prüfungsexperte aus Sursee klärt über die Gründe auf.

Seien es Maler, Gärtner oder Lüftungsanlagebauer: Viele Lehrlinge im Baunebengewerbe fallen durch die Abschlussprüfung. Teilweise liegt die Quote bei über 40 Prozent. Im Kanton Luzern sind im vergangenen Jahr mit knapp fünf Prozent am meisten Lernende der Zentralschweiz durch die Abschlussprüfungen gefallen. Der Kanton Nidwalden schnitt mit 2.1 Prozent am besten ab.

In der Zentralschweiz scheinen die Durchfallquoten also tief zu sein. Einige Kantone geben aber ebenfalls an, dass in gewissen Bauberufen auffallend viele Lernenden durchfallen. So stechen im Kanton Obwalden Montage-Elektriker oder Automatikmonteure besonders raus. Der Kanton Zug schreibt: «Im Baunebengewerbe registrieren wir tatsächlich eine höhere Nichtbestehensquote. Allerdings ist die Quote in diesen Berufen äusserst volatil und von verschiedenen Faktoren abhängig.»

Woran liegt es?

«Da Berufe aus dem Baunebengewerbe meistens der Zweitwahl entsprechen, sind viele Lernende nicht überzeugt von ihrer Berufung. Es fehlt ihnen an Motivation und an Durchhaltevermögen», sagt Michael Gilli, Inhaber der Firma Gilli Bodenbeläge aus Sursee. Er arbeitet bereits seit elf Jahren als Bodenleger und hat sich mit seinem Unternehmen vor zwei Jahren selbstständig gemacht. Heute ist er Prüfungsexperte und bildet selbst Lehrlinge aus.

«In unserem Beruf erhalten wir nicht sehr viele Bewerbungen, deshalb nehmen wir meistens einfach das, was wir kriegen.» In den meisten Fällen seien es Lernende mit einer Lernschwäche oder einem Migrationshintergrund. «Sie brauchen viel Unterstützung, um voran zu kommen und leider haben wir diese Zeit oft nicht.» Dies aufgrund von vollen Auftragsbüchern.

Genügend Zeit sei wichtig

Laut Markus Fischer, dem Leiter des Bildungszentrums «suissetec Zentralschweiz», sei es aber wichtig, genügend Zeit in die Ausbildung zu investieren. «Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und schlussendlich geht es um die Zukunft der Lernenden.» Damit eine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen werden kann, müsse beidseitig etwas beigetragen werden, sei es der Betrieb selbst oder seitens Lernenden.

Laut Fischer werde zukünftig das Ausbildungskonzept der überbetrieblichen Kurse, branchenintern angepasst. Diese vermitteln ergänzend zur Ausbildung im Lehrbetrieb und der Berufsfachschule grundlegende praktische Fertigkeiten. Auf die Ausbildung in den jeweiligen Betrieben habe dies aber keine Auswirkung. Denn darum kümmern sich die Betriebe selber. Dort sind dem Verband die Hände gebunden. «Die Behörden kontrollieren lediglich die rechtlichen Grundlagen des Lehrvertrags.»

«Ich pflege eine enge Bindung mit meinen Lehrlingen»

Ab kommendem Sommer bildet der Bodenlegermeister Michael Gilli seinen ersten Lehrling im eigenen Betrieb aus. Als Prüfungsexperte und Ausbilder wisse er, worauf er sich einlasse. «Eine enge Bindung mit meinen Lernenden ist mir wichtig.» Ausserdem setze er viel auf ausreichend Zeit. «Da wir im Arbeitsalltag nicht immer genügend Zeit zum Ausprobieren haben, organisiere ich für den Lernenden einige Übungsprojekte.» Fehler dürfen passieren, an Übungsprojekten könne er viel dazulernen und für das Unternehmen gebe es keinen Verlust.

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 17. Mai 2022 06:31
aktualisiert: 17. Mai 2022 08:50