Auf FCL-Sportchef Remo Meyer warten knifflige Entscheidungen
Die zentrale Frage im nächsten Sommer-Transferfenster lautet: Braucht der FCL ein neues offensives und ein neues defensives Gewissen? Die Wahrscheinlichkeit, dass Spielgestalter Max Meyer und Abwehrstratege Ardon Jashari über die laufende Saison hinaus das Dress der Luzerner tragen werden, ist eher gering.
Hinter dem WM-Fahrer Jashari sind gerüchteweise ein paar Klubs aus den europäischen Topligen her. Der 20-jährige FCL-Captain besitzt noch einen bis 2026 gültigen Vertrag. Sucht das Toptalent die Herausforderung im Ausland, um sich sportlich weiterzuentwickeln, wird die Kasse der Luzerner klingeln. Von einem Marktwert von rund sechs Millionen Franken ist die Rede. Steigt ein englischer Klub in den Bieterstreit um Jashari ein, wird die Ablöse die zweistellige Millionengrenze erreichen. Ein solcher Transfererlös verschafft dem in einem unerbittlich geführten Machtkampf steckenden FC Luzern finanziell etwas Luft.
Max Meyer hat in der laufenden Saison seiner Karriere neuen Schwung verliehen. Mit neun Toren und drei Vorlagen ist er der aktuell gefährlichste Offensivspieler der Luzerner. Davon, dass der 27-jährige Deutsche schon immer von einer langfristigen Zukunft beim FCL geträumt hat, ist nicht auszugehen. Also gibt es für Sportchef Remo Meyer nur zwei sinnstiftende Optionen: seinen spielenden Namensvetter im Sommer für ein paar Millionen zu verkaufen oder seinen bis 2024 gültigen Vertrag vorzeitig um mindestens ein Jahr zu verlängern.
Falls Meyer und Jashari im Sommer zu neuen Ufern aufbrechen, wird es für Remo Meyer eine Herkulesaufgabe, sie adäquat zu ersetzen. Darüber hinaus muss er sich klar werden, wie er bei weiteren 17 Personalien im FCL-Kader verfahren will.
Vertrag von sechs Spielern läuft in wenigen Monaten aus
Wer nicht von einem anderen Verein ausgeliehen ist und einen auslaufenden Vertrag in der Tasche hat, spielt in den Zukunftsplänen seines aktuellen Arbeitgebers für gewöhnlich keine tragende Rolle mehr. Dies trifft auf die beiden 34-jährigen Angreifer Pascal Schürpf und Dejan Sorgic sowie den 23-jährigen Lorik Emini zu. Vorkämpfer Schürpf, der mit seiner humorvollen Art eine wichtige Rolle in der Kabine hat, soll ein Vertragsangebot für ein weiteres Jahr vom FCL bekommen haben.
Bei Emini stehen die Zeichen hingegen auf Abschied. Unter Mario Fricks Trainer-Vorgänger Fabio Celestini spielte sich der Zuger als Abräumer vor der Abwehr ins Rampenlicht. Doch mit Beginn der letzten Saison stagnierte Emini in seiner Entwicklung und ist höchstens noch zweite Wahl. Doch ein Talent wie er ist auf Spielpraxis angewiesen. Und die kriegt er nur ausserhalb von Luzern.
Die Sorgen im Sturm
Knifflig stellt sich die Sache bei Dejan Sorgic dar. Der Mittelstürmer ist mit aktuell vier Toren teamintern der zweitbeste Knipser. Seine produktivsten Jahre hat er vermutlich hinter sich. Aber da seine jüngeren Konkurrenten im Sturm, Asumah Abubakar (26) oder Benjamin Kimpioka (23), noch weniger wissen, wo das gegnerische Tor steht, stellt sich vielleicht Remo Meyer die Frage, ob er mit Dejan Sorgic nicht doch noch um ein Jahr verlängern soll.
Kimpioka ist neben Mamady Diambou und Mohamed Dräger einer von drei Leihspielern mit auslaufendem Vertrag beim FCL. Unvorstellbar ist, dass Remo Meyer bei Kimpioka die Kaufoption ziehen wird. Dafür sind dessen Leistungen nicht gut genug. Zuletzt stand er nicht mal mehr in Fricks Aufgebot.
Auch bei Dräger stellt sich die Frage, ob eine Weiterbeschäftigung Sinn macht. Der Deutsch-Tunesier hat im Frühjahr 2021 stark gespielt. Aber in der Zwischenzeit auch stark nachgelassen. In der aktuellen Verfassung bringt der 26-jährige Aussenverteidiger mit dem grossen Offensivdrang zu wenig, um seine defensiven Nachlässigkeiten aufzuwiegen.
Mamady Diambou hat bei Red Bull Salzburg einen gültigen Vertrag bis 2025. Der defensive Mittelfeldspieler hat seine Zeit in Luzern bis dato nicht dazu nutzen können, dass der FCL dem 20-Jährigen in Zukunft eine grössere Rolle zutrauen könnte. Aber eine weitere Leihe scheint dennoch nicht ausgeschlossen – sie hängt von Jasharis Zukunftsplänen ab und der Frage, ob es bessere Alternativen für den FCL als Diambou gibt.
Drei wichtige Entscheidungen – und Campo
Von den elf Spielern, deren Vertrag im Sommer 2024 ausläuft, gehören drei in die Kategorie «verkaufen oder verlängern»:
- Marco Burch (22): Der Innenverteidiger soll dem FCL bei einem Verkauf Millionen in die Kasse spülen. Aber dafür muss er wohl erst den nächsten Schritt in seiner Entwicklung machen. Die Frage ist: Reicht sein Tempo für eine schöne Karriere im Ausland aus?
- Pius Dorn (26): Der rechte Aussenläufer, im Mittelfeld und in der Verteidigung einsetzbar, hat in dieser Saison auf sich aufmerksam gemacht. Der Deutsche ist aktuell der beste Vorlagengeber (6) der Luzerner, im Abschluss aber ein «Chancentod». Kann er dieses Defizit aus der Welt schaffen, verspricht ein Transfer vor Vertragsablauf einiges Geld. Und Dorn hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er sein Können gerne in seiner Heimat unter Beweis stellen möchte.
- Pascal Loretz (19): In jene Sphären, wie ihn gewisse Medien nach seinen tadellosen Einsätzen in der Super League hochgelobt haben, ist der begabte Goalie noch nicht vorgestossen. Er hat zwar Vaso Vasic in der Luzerner Torhüter-Hierarchie überflügelt, aber es ist ein anderes paar Schuhe, über eine lange Saison konstant gute Leistungen zu erbringen. Loretz wird es gut tun, von Stammgoalie Marius Müller (Vertrag bis 2025) zu profitieren und schrittweise an die höhere Aufgabe herangeführt zu werden.
Im Fall von Samuele Campo müssen die FCL-Verantwortlichen auf einen Transfer im kommenden Sommer drängen. Der offensive Mittelfeldspieler ist bei Trainer Mario Frick in Ungnade gefallen. Will der 27-jährige Basler den Vertrag aussitzen, muss man ihm die unangenehmen Konsequenzen deutlich machen.
Nicht bei allen muss Meyer sofort entscheiden
Bei sieben weiteren FCL-Akteuren kann FCL-Sportchef Remo Meyer getrost auf Zeit spielen. Diese heissen:
- Asumah Abubakar (25): Er hat die Hoffnungen, die mit seinem Transfer im Winter 2021 verbunden waren, nicht erfüllen können. Der Stürmer verstolpert zu viele Bälle – und ihm fehlt das Auge für den mitgelaufenen und besser postierten Mitspieler. Eine vorzeitige Vertragsverlängerung macht keinen Sinn.
- Samuel Alabi (22): Wegen grossen Verletzungspechs hat er in den drei Saisons mit dem FCL bloss sieben Meisterschaftsspiele bestreiten können. Der letzte Einsatz des talentierten Mittelfeldspielers aus Ghana datiert vom 9. Mai 2021. Beim 3:0-Heimsieg über Servette zog sich Alabi einen Kreuzbandriss zu. Ob sein Körper für eine Profi-Karriere taugt, scheint fraglich.
- Martin Frydek (31): In seiner dritten Saison für den FCL hat der tschechische Linksverteidiger seine ersten Tore (bis dato 3) gemacht. Aber er hat ihn mit seinen defensiven Fehlern auch schon ein paar Gegentore gekostet. Wenn Frydek im Sommer gehen will, wird das Meyer kaum Sorgenfalten bereiten. Bringt er in der nächsten Saison stabilere Leistungen als bisher, kann ihm noch immer eine Vertragsverlängerung angeboten werden. In seinem Alter wird der Markt überschaubar.
- Thoma Monney (21) und Severin Ottiger (20) : Zwei Talente, denen der Durchbruch in der Super League zugetraut wird. Aussenverteidiger Ottiger ist dabei weiter als Innenverteidiger Monney, er hat sein Startelfdebüt im Luzerner Fanionteam schon absolviert. Eine vorzeitige Vertragsverlängerung ist bei beiden eine Frage des Potenzials, das die Klubverantwortlichen ihnen zuschreiben.
- Denis Simani (31): Beim Innenverteidiger, der wegen einer törichten Aktion in einem Testspiel gegen Bellinzona vier Spielsperren aufgebrummt bekam, präsentiert sich die Situation ähnlich wie bei Frydek. Auch wenn ihn sein Mentor und Trainer Mario Frick gerne in bestem Lichte darstellt: Vom Rendement eines Abwehrpatrons ist er weit weg, sein Leistungsvermögen reicht knapp für die Super League. Mit einem Transfer im nächsten Sommer tut er dem FCL gar einen Gefallen. Dann kann ihn Meyer durch ein zwingend benötigtes Upgrade ersetzen.
- Vaso Vasic (32): Ist von Jungtalent Pascal Loretz in der Goalie-Hierarchie überflügelt worden. Auch wenn er ein Ersatzgoalie ist, der seine Rolle im Team klaglos akzeptiert und ausfüllt, so ist seine Zeit in Luzern abgelaufen. Wenn er bei einem anderen Verein, vor allem bei einem unterklassigen, im Herbst seiner Karriere bessere Einsatzchancen erkennt, so wird ihm der FCL wohl kaum Steine in den Weg legen.