Jugendliche sind frustriert

«Ich lasse mich impfen, weil ich meine Freiheit zurück will»

Melissa Steuri, 9. September 2021, 18:33 Uhr

Quelle: Tele 1

Die Corona-Pandemie hat starke Auswirkungen auf Jugendliche und junge Erwachsene. In den vergangenen eineinhalb Jahren sind sie Leidtragende von Lockdowns und Kontaktbeschränkungen gewesen. Mit der erweiterten Zertifikatspflicht wächst der Druck zusätzlich. Für die Entwicklung sei dies kontraproduktiv.

«Jugendliche brauchen den Kontakt zu Gleichaltrigen und ihre Freiheiten. Die Einschränkungen durch die neue Zertifikatspflicht würden die ohnehin schon vermehrten psychischen Probleme vermutlich verstärken, verlängern oder gar neu schaffen.» Das hat der Dachverband Offene Kinder- und Jugendarbeit DOJ Schweiz in einem Brief an den Bundesrat geschrieben. Die Jugendarbeiter fordern, dass die Zertifikatspflicht nicht für Jugendliche unter 18 Jahren gilt.

Diese Forderung unterstützt Kathrina Mehr, Co-Präsidentin des Netzwerks offene Kinder- und Jugendarbeit Zentralschweiz NOJZ. Grundsätzlich findet die Jugendarbeiterin, dass das Zertifikat und die Impfung ein Weg aus der Krise seien. Für die Jugendlichen sei es aber eine schwierige Situation. Sie denkt dabei unter anderem an Freundschaften, die leiden könnten. Wenn in einer Gruppe noch nicht alle 16 Jahre alt sind, und die Jüngeren sich frei bewegen können, kann das zu Streit führen. Oder sogar zu einem Gruppenzwang – die Älteren würden sich unter Druck impfen lassen, damit sie nicht ausgeschlossen werden.

Quelle: PilatusToday

Erst bei kostenpflichtigen Tests stehen Jugendliche richtig unter Druck

Problematisch werde es vor allem dann, wenn die Corona-Tests kostenpflichtig sind, warnen verschiedene Jugendorganisationen. Also ab Oktober. Wenn sich Jugendliche regelmässig testen lassen müssen, um in den Ausgang zu gehen, ginge das ins Geld. Und so werde der gesellschaftliche Ausschluss noch grösser. Für die Entwicklung von Jugendlichen sei dies fatal.

Bei einer Strassenumfrage in Luzern sind die meisten befragten Jugendlichen skeptisch gegenüber der Zertifikatspflicht. «Ich finde es für die Jugendlichen problematisch. Wir werden langsam gezwungen, uns impfen zu lassen. Ansonsten können wir nichts mehr machen, ausser wir testen uns wöchentlich. Da bin ich eigentlich dagegen. Ich werde mich aber trotzdem wahrscheinlich impfen lassen, weil ich meine Freiheiten zurückhaben will», sagt beispielsweise die 19-Jährige Selina Schäfer aus Immensee.

Nicola Wächsler, 16-jährig aus Luthern, ist ähnlicher Meinung. «Ich werde mich deswegen nicht impfen lassen. Dann gehe ich halt weniger gross in den Ausgang, eher im kleineren Rahmen mit den Kollegen, wo man kein Zertifikat braucht.»

Kanton Luzern plant keine speziellen Impfangebote für Jugendliche

Dem Bund wäre es wohl am liebsten, wenn sich so viele Jugendliche wie möglich impfen liessen. Um sie dazu zu motivieren, gibt es in verschiedenen Kantonen inzwischen spezielle Angebote. Im Kanton Aargau zum Beispiel werden Schulen von einem Impftruck besucht. Solche Aktionen sind im Kanton Luzern momentan nicht vorgesehen, erklärt David Dürr, Leiter der Dienststelle Gesundheit und Sport. Ein Grund dafür sei, dass Jugendliche bis 15 Jahre für die Impfung eine Einwilligung der Eltern benötigen. Zudem wolle der Kanton die Impfung dort vornehmen, wo sich die meisten Personen aufhalten.

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 9. September 2021 18:00
aktualisiert: 9. September 2021 18:33