Stadtfest Luzern

«Idiotischer Schwachsinn»: Massive Belästigungen gegen OK-Mitglieder

Raffaele Wiler, 10. Juni 2022, 16:07 Uhr

Quelle: Pilatus Today / Elena Hirt

Das redimensionierte Stadtfest Luzern sollte eine bargeldlose Veranstaltung werden. Nach teils heftiger Kritik krebste das Organisationskomitee zurück und lässt mittlerweile Bargeld zu. Nun wird bekannt: Es gab nicht nur Kritik am Konzept des Stadtfestes, sondern auch massive Belästigungen gegen OK-Mitglieder.

Das «neue» Stadtfest Luzern findet am Wochenende des 24. und 25. Juni statt und soll sich «kleiner und im Herzen der Stadt» präsentieren, wie das OK Ende April bekannt gab. Angekündigt wurde damals auch ein bargeldloses Stadtfest. Bezahlt werden sollte nur noch mit Kredit- oder Debitkarten oder per Twint. Einzig die Auszahlung des Depots sollte in bar erfolgen.

Kritik von verschiedenen Seiten

Anfang Mai berichteten verschiedene Medien, darunter auch PilatusToday und Tele 1, dass sich das Stadtfest Luzern mit teils heftiger Kritik konfrontiert sah. Auf den sozialen Medien seien es Facebook oder Twitter, löste die Ankündigung einen regelrechten Shitstorm aus. Aber auch Vereine wie «Luzern60Plus», die sich für die Anliegen älterer Personen einsetzen, kritisierten den Entscheid, weil so ein Teil der Bevölkerung vom Fest ausgeschlossen werde.

In der Folge überdachte das Organisationskomitee des Stadtfestes seine Pläne nochmals und entschied sich Mitte Mai schliesslich Bargeld zuzulassen.

Was bisher jedoch nicht bekannt war: Das OK des Stadtfestes sah sich nicht nur einem Internet-Shitstorm ausgesetzt, sondern wurde auch massiv belästigt. OK-Präsidentin Nicole Reisinger bestätigte dies auf Anfrage von von PilatusToday und Tele 1.

Auf Twitter wurden die Handynummern der OK-Mitglieder veröffentlicht und zu Telefon-Terror aufgerufen.

© Twitter

Auf Twitter wurden unter anderem Screenshots mit Handynummern der OK-Mitglieder gepostet und zum Shitstorm aufgerufen: «Hier ... die Telefonnummern ... der verantwortlichen Stellen. ... Sie freuen sich sicher über eure Meinung und ... konstruktiven Vorschläge betreffend dieses absolut IDIOTISCHEM SCHWACHSINNS. Spamt das geisteskranke Pack ein!!!»

Den Shitstorm lancierten unter anderem User, welche sich durch die bargeldlose Bezahlung überwacht fühlen, weil man mit Kreditkarten oder Twint überall digitale Spuren hinterlasse und so zum gläsernen Bürger werde.

Handynummern und E-Mail gelöscht

Das OK wurde daraufhin mit Telefonanrufen eingedeckt, Anrufer sprachen die Comboxen voll. «Vor allem eine Woche bis zehn Tage nach dem Entscheid ein bargeldloses Fest einzuführen, waren die Belästigungen sehr gross», sagte Nicole Reisinger. Es ging so weit, dass man sich gezwungen sah, die Handynummern und E-Mail-Adressen sämtlicher OK-Mitglieder von der Website zu entfernen.

«Vernünftiges Arbeiten war kaum möglich»

«Unser Engagement für das Stadtfest leisten wir in der Freizeit. Wegen der ständigen Anrufen war vernünftiges Arbeiten kaum noch möglich, wir wurden an unseren Arbeitsplätzen massiv gestört. Es war eine intensive Zeit», kommentiert die OK-Präsidentin die Anpassung der Website.

Dass nun am Stadtfest wieder Bargeld zugelassen ist, hat aber nichts mit diesem Shitstorm zu tun. Die Gespräche mit «Luzern60Plus» hätten gezeigt, dass vor allem ältere Menschen lieber mit Bargeld bezahlen wollen. «Direktbetroffene Grosseltern waren auch enttäuscht, weil sie bei einem bargeldlosen Fest ihren Enkelkindern keinen Festbatzen mehr hätten mitgeben können», so OK-Präsidentin Reisinger.

(kra/usc/red.)

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 10. Juni 2022 15:59
aktualisiert: 10. Juni 2022 16:07