Nach Missbrauchsskandal

«Nicht fassbar»: Stanser Pfarrer bittet zum Dialog

Alessandro Perucchi, 24. September 2023, 06:36 Uhr

Quelle: Tele 1

Über 1000 Missbrauchsfälle in den vergangenen 70 Jahren soll es in der katholischen Kirche der Schweiz gegeben haben. Das hat eine Studie der Uni Zürich aufgedeckt. Immer mehr Leute treten deshalb aus der Kirche aus. Die Kirche selbst bemüht sich um den Dialog mit den Menschen. So auch am Freitagabend in Stans.

Nach einer erschreckenden Studie der Universität Zürich ist viel los in der katholischen Kirche: Ein Historikerinnenteam deckte über 1000 Missbrauchsfälle auf. Seit 1950 ist es in der katholischen Kirche der Schweiz systematisch zu Missbrauch gekommen. Dabei gab es über 500 Täter – fast alles Männer. In 74 Prozent der dokumentierten Vorfälle handelte es sich um minderjährige Opfer.

Die Auswertung hat ergeben, dass die Hälfte der Missbrauchsfälle im Rahmen der pastoralen Arbeit stattfand. Etwa 30 Prozent der Vorfälle wurden in katholischen Heimen, Schulen, Internaten und ähnlichen Einrichtungen verübt.

Schock auch bei Kirchgemeinden

Die Reaktionen auf den Missbrauchsskandal kritisieren unter anderem den Aufarbeitungswillen der Kirche. Das kritisiert auch die katholische Kirchgemeinde Adligenswil: Sie behält die Kirchensteuer, die dem Bistum zugutekäme, momentan zurück. Diese Entscheidung wurde vom Kirchenrat der katholischen Kirchgemeinde Adligenswil getroffen, wie von der «Luzerner Zeitung» berichtet wird. Darüber hinaus ermutigt der Kirchenrat alle Kirchgemeinden des Bistums Basel sowie der fünf weiteren Bistümer dazu, dasselbe Vorgehen zu übernehmen.

Quelle: Tele 1

Die Aktion ist im Lichte des kürzlich publizierten Berichtes zu über 1000 Missbrauchsfällen zu sehen und bringt ein grosses Misstrauen gegenüber dem Aufarbeitungswillen des Klerus' zum Ausdruck: «Wenn die Basis nicht handelt, bleibt es bei Lippenbekenntnissen der Schweizer Bischofskonferenz», schreibt der Kirchenrat Adligenswil und stützt sich dabei auf die Tatsache, dass Missbräuche in der katholischen Kirche grundsätzlich schon seit Jahrzehnten bekannt seien. Er befürchtet, dass sich – obwohl jetzt Fakten auf dem Tisch seien – die Strukturen nicht ändern würden und kein Kulturwandel einsetze.

Bemühungen um Kirchenmitglieder

Seit dem Bekanntwerden der Missbrauchsfälle steigen die Kirchenaustritte rasant. Vielen wollen nicht mehr Mitglied in einer Glaubensgemeinschaft sein, die mit solchen Missbräuchen zu tun hat. So merkt etwa Melchior Betschart, Pfarrer der katholischen Kirche Stans, die zahlreicheren Austritte jetzt schon. Deshalb hat er am vergangenen Freitag zu einem Dialog mit den Gläubigen gerufen.

Scan den QR-Code

Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 23. September 2023 19:41
aktualisiert: 24. September 2023 06:36