6672 Franken im Jahr

Sind Politiker-Löhne zu tief? Zugerin löst Debatte aus

Sven Brun, 4. Februar 2023, 06:10 Uhr
Ronahi Yener hat ihren Mandats-Lohn veröffentlicht.
© Keystone/LZ, Merlin Photography Ltd.
Eine Zuger Kantonsparlamentarierin hat auf LinkedIn ihren Jahreslohn veröffentlicht. Dieser sei zu tief, dass sich jede und jeder in der Schweiz ein politisches Amt leisten könne, so die SP-Politikerin. Damit löst sie eine altbekannte Grundsatz-Debatte aus.

6672 Franken soll Ronahi Yener, Zuger SP-Kantonsparlamentarierin, 2022 durch ihr politisches Mandat erhalten haben. Gemäss ihren Angaben erhielt sie diesen Betrag für 13 Ganztages-, 13 Fraktions- und sechs oder mehr Kommissionssitzungen – verbunden mit Vorbereitungen und Einlesen. «Ein sehr bescheidener Stundenansatz. Das mag ein gutes Taschengeld sein, mehr aber nicht», meint Yener, die 20 Prozent ihres Lohnes direkt an ihre Partei weitergibt.

Ronahi Yener wurde 2021, damals 21-jährig, jüngste Zuger Kantonsparlamentarierin. 

© LZ, Stefan Kaiser

Je nachdem nehme die Arbeit für das Kantonsparlament und die Politik etwa 20 Prozent der Arbeitszeit in Anspruch. «Als Studentin musste ich bereits vor meinem Amtsantritt abwägen, ob ich mir diesen Aufwand leisten kann», schreibt die 22-jährige Vollzeit-Volkswirtschaftsstudentin. Studium, Arbeit und Politisieren – das ist offenbar zu viel: «Dies resultierte nach den Wahlen im Oktober in grosser psychischer Erschöpfung, von der ich mich heute noch erhole.»

Anwälte und Lehrer sind übervertreten

Den Punkt, den Yener damit ansprechen will, ist folgender: «Es ist wichtig, dass sich alle Menschen Politik finanziell leisten können. Unabhängig davon, ob sie im Verkauf oder als Reinigungskraft arbeiten oder im Studium sind.» Dies sei aktuell im Kanton Zug, aber auch in den meisten anderen Kantonen nicht der Fall. «Politisieren ist ein Privileg», fasst die Jungpolitikerin zusammen.

In der Tat ist ein politisches Mandat in der Schweiz nicht für jede und jeden gleich gut möglich. Sei dies aufgrund des angesprochenen finanziellen Aspekts, aber auch wegen der teils zu geringen Flexibilität in einer Berufsgruppe.

«Bestimmte Berufsgruppen wie Anwälte, Landwirtinnen und Lehrer sind besser, weniger gut Verdienende deutlich schlechter in der Politik vertreten», erklärt Stefanie Bailer, Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Basel, gegenüber dem Newsportal «Watson». Weiter fügt sie an: «Diese Übervertretung führt nachweislich zu Verzerrungen bei der Gesetzgebung, etwa beim Geldwäschegesetz oder bei Landwirtschaftsregelungen.»

Weniger Ungleichheit mit angepasster Entlöhnung

Studien hätten zudem gezeigt, dass sich Politikinhalte verändern, falls ein Parlament aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen bestehen würde. «Tatsächlich setzen sich etwa Frauen mehr für Frauen ein und Parlamentarier und Parlamentarierinnen mit Migrationshintergrund mehr für die betroffene Bevölkerungsgruppe», erläutert Bailer.

Quintessenz: Eine Gesellschaft sei in ihrer Breite und Unterschiedlichkeit besser repräsentiert, als wenn sie aus einer homogenen Gruppe von Parlamentsmitgliedern besteht. Beheben könne man diese Ungleichheiten im Parlament laut Bailer beispielsweise mit einer einkommensangepassten Entlöhnung für das Mandat oder zusätzlichen Unterstützungen in den Parlamentssekretariaten oder durch die Parteien.

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 4. Februar 2023 06:10
aktualisiert: 4. Februar 2023 06:10