«Irgendwann geht wieder was»

Was ist aus dem Hotel St. Niklausen in Horw geworden?

Janis Schaller, 3. Dezember 2023, 11:30 Uhr
Auf der Horwer Halbinsel St. Niklausen hat es mal ein Hotel gegeben. Seit 2007 ist dieses aber nicht mehr in Betrieb. Viele würde es vermutlich erfreuen, wenn dort wieder Gäste einkehren – doch die Situation scheint verfahren. Wir versuchen, den Fall aufzurollen.

Es war einmal...

...ein wunderschönes Hotel an bester Lage am Ufer des Vierwaldstättersees – das Hotel St. Niklausen auf der Horwer Halbinsel. Der Ruf des Hotels war hervorragend – zu Spitzenzeiten beherbergte die Familie Heer bis zu sieben Hochzeiten am selben Tag. Mit dem Schiff konnte man direkt vor dem Hotel ein- und aussteigen.

Was damals war, ist heute in weite Ferne gerückt. Das Hotel ist geschlossen, der Schiffsteg wird nicht mehr angefahren und das Gebäude lottert vor sich hin. Ein richtiges Geisterhotel also. Was ist da passiert und vor allem – wie geht es weiter mit dem Hotel St. Niklausen?

Familienbetrieb seit über 100 Jahren

Um das zu verstehen, beginnen wir am besten von vorne. Die ersten Einträge im Staatsarchiv Luzern kann man aus dem 17. Jahrhundert finden. 1875 wurde das Hotel St. Niklausen als Sommerwirtschaft eröffnet. Schon damals war die Liegenschaft im Besitz der Familie Heer. Im Jahr 1907 gab es den nächsten Meilenstein: Die Sommerwirtschaft wurde zu einem Hotel und einer Pension umgebaut. Die Bewilligung zu einer «Fremdenpension» wurde damals auf Johann Heer-Müller ausgestellt, wie dem Staatsarchiv Luzern zu entnehmen ist.

Das Hotel war auch Schauplatz einer tragischen Geschichte

Das Hotel St. Niklausen war ein ganzes Jahrhundert lang sehr erfolgreich unterwegs. Es gab glorreiche Zeiten und einen Moment, der sich vermutlich besonders in die Geschichte eingeprägt hat. 1944 war eine Hochzeitsgesellschaft aus Escholzmatt im Hotel St. Niklausen am Feiern. Mit dem Schiff wollten sie in die Stadt Luzern zurück, um den letzten Zug in Richtung Entlebuch zu erwischen. Das Boot kam dabei unter einen Nauen, also ein kleines Frachtschiff, und kenterte. Nur wenige konnten sich retten – auch die Braut überlebte das Unglück nicht. Es ging als das grösste Schiffsunglück auf dem Vierwaldstättersee in die Geschichte ein.

Die Brüder übernehmen

Nach dem Tod von Lidya Heer, die das Hotel zuletzt geführt hat, um das Jahr 2000 herum, haben die beiden Söhne Markus und Hans Heer den Betrieb weitergeführt. 100 Jahre nach dem Umbau zur Fremdenpension kehrt also Ruhe ein im wunderschönen Hotel St. Niklausen. 2007 entschied man sich, das Hotel und Restaurant zu schliessen. Von da an lebt Hans in einer Villa neben dem Hotel und sein Bruder Markus zurückgezogen in der Jugendstilvilla Kreuzfluh, auf dem Hügel direkt neben dem Hotel. Die Mutter Lidya Heer hat die ganze Liegenschaft inklusiv dem Hotel St. Niklausen einzig Markus vermacht. Warum genau Hans nicht profitieren konnte, ist nicht bekannt.

Eine Homepage taucht aus dem Nichts auf

Markus Heer ist im November 2020 verstorben. Ein Jahr später taucht im Internet eine Homepage auf. «Ein neues Kapitel in St. Niklausen» steht auf dieser Website in Grossbuchstaben. Weitere Informationen würden demnächst folgen, heisst es weiter. Nur seither ist damit nichts mehr passiert. Aus «demnächst» könnte man inzwischen vermutlich ein «irgendwann» machen.

«Neues Kapitel in St. Niklausen» – doch die Homepage ist seit dem 17. November 2021 online und seit daher unverändert.

© Screenshot / stiftung-st-niklausen.ch

Der Name der Homepage lässt darauf schliessen, dass eine Stiftung dahintersteht – die Stiftung St. Niklausen. Eingetragen ist diese nicht. Weder im Handelsregister noch bei der Stiftungsaufsicht sind Spuren davon zu finden. Im Grundbuch Kanton Luzern ist noch immer Markus Heer als Alleineigentümer der Liegenschaft eingetragen. Alles deutet darauf hin, dass das Erbverfahren von Markus Heer noch nicht abgeschlossen werden konnte.

Handelt es sich um einen Erbstreit?

Erbrechtlich gesehen, Markus Heer war alleinstehend und kinderlos, fällt die Liegenschaft an den elterlichen Stamm – also seinen Bruder Hans Heer. Unter diesen Voraussetzungen ist es möglich, wenn ein Testament vorhanden ist, die Geschwister voll und ganz vom Erbe auszuschliessen. Der erbrechtliche Teil zur freien Verfügung, also den Teil, welchen er nach Gutdünken verteilen darf, von Markus Heer betrug also sein komplettes Vermögen. Wie «Zentralplus» über den Anwalt von Hans Heer erfahren hat, hat dieser das Testament seines Bruders angefochten. Das Testament soll für ungültig erklärt werden.

Schweigepflicht auf der Gemeinde

Bei der Gemeinde Horw stösst man diesbezüglich auf Granit: «In der Sache des leer stehenden Hotels St. Niklausen besteht die Pflicht zur Geheimhaltung», heisst es auf Nachfrage von PilatusToday und Tele 1. Auch die Frage, wer derzeit die Verfügungsmacht darüber hat, bleibt unbeantwortet. Denn Markus Heer als eingetragener Alleineigentümer ist todeswegen handlungsunfähig. Die Gemeinde verweist lediglich darauf, dass eine Verletzung des Amtsgeheimnisses strafbar ist und ihnen daher die Hände gebunden seien. Über die Zukunft können sie sowieso nicht entscheiden, denn das Hotel liegt in Privatbesitz.

Telefonisch erreicht man den Bruder von Markus Heer, Hans Heer. Im Gespräch gab er sich erfreut über das Interesse und konzentriert, dass er nichts Falsches erzähle. Denn auch bei ihm gilt: «Hören Sie, Herr Schaller, eigentlich darf ich ja nichts zu dieser Sache sagen.» Schade.

Die Homepage von der angeblichen Stiftung St. Niklausen kennt er. Die sei auf Initiative seines Bruders erstellt worden, und er wollte der Stiftung die Liegenschaft vermachen. Hans Heer vermutet, dass die Stiftung St. Niklausen die Verfügungsmacht über das Hotel hat. Ganz sicher ist er sich aber nicht. Und vor allem sei das bestand einer «schwierigen Angelegenheit», wie Hans Heer das beschreibt. Wer hinter dieser angeblichen Stiftung St. Niklausen steht, die in keinem Register auffindbar ist, bleibt unbekannt.

Um 1990 herum wurde dieses Bild auf der Terrasse des Hotels St. Niklausen aufgenommen.

© KEYSTONE/Studhalter

Undurchsichtige Situation

Und so scheint die Sache ziemlich verfahren und irgendwie auch unbefriedigend zu sein. Das einstige Prestige-Hotel an bester Lage am Vierwaldstättersee liegt seit bald 17 Jahren leer und geistert vor sich hin. Seit 2007 ist es unbewohnt und steht leer. Vielleicht wird in ein paar Jahren auf der Horwer Halbinsel St. Niklausen wieder gefeiert, getrunken und gegessen. Vielleicht wird die Schiffshaltestelle plötzlich wieder angefahren und Freude kehrt an den wunderschönen Ort zurück. Aber bis es so weit ist, wird vermutlich noch viel Zeit vergehen.

Was mit dem Hotel dereinst passieren würde, weiss Hans Heer selbst auch nicht ganz. Er versichert aber: «Irgendwann wird wieder etwas gehen im Hotel St. Niklausen.»

Immerhin haben bis zu diesem Zeitpunkt die Geister im Hotel St. Niklausen eine schöne Aussicht.

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Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 3. Dezember 2023 11:30
aktualisiert: 3. Dezember 2023 11:30