10 Jahre Rauchverbot

Als in den Beizen noch gepafft wurde

Andrée Getzmann, 1. Mai 2020, 17:30 Uhr
In der traditionsreichen Stanser Kneippe «Melachere» wurde in der Nacht vom 30. April 2010 auf den 1. Mai 2010 unter dem Motto «Usrauchete» unter den anwesenden Rauchern nochmals so richtig gepafft. (Archivbild)
© KEYSTONE/Urs Flueeler
Seit genau zehn Jahren gilt in der Schweiz das Rauchverbot in Gaststätten. Nicht nur für die Raucher und Nichtraucher, sondern auch für die Wirte hat sich seither einiges verändert.

Wir können es uns fast nicht mehr vorstellen, wie das damals war: Man kriegt gerade den Hauptgang serviert und am Tisch nebenan zündet sich jemand eine Zigarette an. Auch in Clubs und Bars wurde geschlotet, und nach dem Ausgang roch man jeweils wie ein Rauchwürstchen. Alles ganz normal bis noch vor zehn Jahren.

Erst am 1. Mai 2010 wurde das Rauchverbot in öffentlichen Räumen, so wie wir es heute kennen, eingeführt. Seither darf in geschlossenen Räumen wie Büros, Gaststätten und Schulen nicht mehr geraucht werden. Einzige Ausnahmen: Restaurationsbetriebe können Fumoirs einrichten oder sie sind kleiner als 80 Quadratmeter.

Mit dem neuen Gesetz sollten vor allem die Passivraucher und besonders das Service-Personal geschützt werden.

Quelle: PilatusToday

Gastronomie fürchtete um Gäste

Während die Nichtraucher jubelten, hatten viele Wirte damals Angst um ihre Existenz: Sie fürchteten, dass die Gäste ausbleiben könnten. So auch der Präsident von Gastro Luzern, Ruedi Stöckli.

Am Anfang habe man es gespürt, einige Leute blieben zuerst weg, sie fühlten sich in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt, sagt der Gastronom. «Aber generell hat sich das besser entwickelt, als ich befürchtet habe». Die Luft sei qualitativ besser geworden und wenn man nach Hause komme, riechen die Kleider nicht mehr nach Rauch.

Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur SDA hätten 93,1 Prozent der Mitglieder des Verbands GastroSuisse ein Jahr nach der Einführung des Verbots Umsatzeinbussen beklagt. Gleichzeitig nahm die Zahl der Lokale gemäss Bundesamt für Statistik (BFS) wie vor 2010 weiter zu und die Umsätze stiegen kontinuierlich bis ins Jahr 2018, dem bisher letzten ausgewerteten Jahr.

Gemäss SDA würden die Gastrobetriebe auch vom Gesetz profitieren, namentlich gewisse «Raucherhöhlen». Die Betreiber der Zürcher «Bodega» beispielsweise hätten damals berichtet, dass nun mehr Kundschaft zum Essen komme und man an den Tischen mehr Umsatz generiere als vorher an der Theke.

Dass mehr Leute kommen, weil die Luftqualität besser geworden ist, habe sich in seinem Betrieb nicht bewahrheitet, sagt der Luzerner Gastronom Ruedi Stöckli hingegen. Fürs Klima im Betrieb sei es aber sicher besser. Und: «Die Leute haben sich sehr schnell ans Rauchen im Freien gewöhnt.» Es habe vom ersten Tag an reibungslos funktioniert.

Lungenliga wünscht sich besseren Schutz der Service-Angestellten

Claudia Künzli, Leiterin Gesundheitsförderung und Prävention der Lungenliga Schweiz, hätte sich damals eine mutigere Lösung gewünscht. Der Schutz von Service-Angestellten könnte noch einiges besser sein, weil es noch immer bediente Fumoirs oder eigentliche Raucherlokale gibt. Zudem wünscht sie sich weitergehende Verbote in anderen Bereichen, etwa, dass alle Spielplätze und Sportveranstaltungen rauchfrei würden.

«Die Minimallösung ist immer noch die Regel», sagt Künzli. Und gerade in der Zentralschweiz würden nur die minimalen Anforderungen des Bundesrates angewandt.

«So wie es jetzt ist, ist es gut»

Nichtsdestotrotz wertet sie das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen als Erfolg: Akute Herzerkrankungen seien nach der Einführung signifikant zurückgegangen. Zudem würden zwar immer noch gleich viele Leute rauchen, doch sie rauchten insgesamt weniger Zigaretten. «Das ist doch positiv».

Wirt Stöckli ist mit der Lösung rückblickend zufrieden, hofft aber, dass keine weiteren Einschränkungen kommen. «So wies jetzt ist, ist es gut, da können wir alle leben damit».

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 1. Mai 2020 17:20
aktualisiert: 1. Mai 2020 17:30