Wahlen

Gescheiterte Frauenförderung? Null Sitze für SP-Luzernerinnen

Nicole Huber, Sven Brun, 25. Oktober 2023, 08:44 Uhr
Roth und Candan jubeln, ihre Parteikolleginnen freuen sich mit ihnen. Doch selbst wurden sie nicht gewählt.
© Keystone / URS FLUEELER
Am Sonntag wählte das Volk ihre Vertreter nach Bundesbern. Die SP Kanton Luzern konnte sich dabei einen zusätzlichen Sitz im Nationalrat sichern. Entgegen der gewünschten Frauenförderung ziehen nun aber zwei Männer in die grosse Kammer ein.

Nebst der grossen Wahlverliererin, die Grüne, müssen auch die Frauen einstecken. Lediglich 77 Politikerinnen wurden am Sonntag in den Nationalrat gewählt. Noch 2019 schafften es 84 Frauen in den Nationalrat. So liegt der Frauenanteil neu bei 38,5 Prozent. In der Zentralschweiz ist der Frauenanteil im Nationalrat sogar noch geringer. Mit fünf von 19 Sitzen sind lediglich 26,3 Prozent der Sitze von Frauen besetzt. Vor vier Jahren betrug der Frauenanteil der Zentralschweiz noch 36,8 Prozent.

SP Kanton Luzern: Von einer Frau zu zwei Männern

Eine Partei, die der tiefen Frauenquote trotzen wollte, ist die SP Kanton Luzern. So schickte die Partei insgesamt neun Kandidaten und Kandidatinnen ins Rennen, um den frei werdenden Nationalratssitz von Prisca Birrer-Heimo zu verteidigen. Mit vier männlichen Kandidaten waren die Frauen in der Überzahl. Der zusätzliche Sitzgewinn der Sozialdemokraten liess die Freude steigen. Mit David Roth und Hasan Candan schnappten sich diesen jedoch zwei Männer. Aus einem Frauensitz wurden zwei männliche Sitze.

Grosse Freude bei der SP, Enttäuschung bei den SP-Frauen? «Nein», sagt Sara Agner, Vertreterin der SP Frauen Kanton Luzern, am Dienstag gegenüber PilatusToday und Tele 1. «Dass die SP zwei Stimmen aus Luzern nach Bern schicken kann, freut uns sehr. Das ist der Verdienst von vielen Menschen, egal ob Frau oder Mann», meint sie.

Sara Agner freut sich über das Ergebnis ihrer Partei in Luzern.

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Und doch: Anders als die grosse Konkurrentin SVP, verpassen es die Luzerner Sozialdemokraten, eine Frau nach Bern zu schicken. Sara Agner: «Insgesamt können wir mit dem Frauenanteil im Parlament sicher nicht zufrieden sein. Bei einer Proporzwahl ist es aber schwierig, diesen Anteil auf einzelne Wahlergebnisse, wie dieses in Luzern, festzumachen.»

Frauen hätten an Medienpräsenz verloren

Die beiden gewählten SP-Männer seien nicht per se stärker als die SP-Frauen gewesen. «Sara Muff zum Beispiel hat auch ein starkes Resultat erzielt. Und nach ihr kommen weitere Frauen.» Anders als vor vier Jahren hätten die Frauen in den Medien an Präsenz verloren. «Vielleicht war dies ein Grund. David Roth und Hasan Candan haben jedoch einen langjährigen Leistungsnachweis in der Luzerner Politik.»

Sara Agner verneint, dass die Frauenförderung der SP-Frauen in Luzern für den Nationalrat gescheitert sei. «Anhand eines einzelnen Wahlergebnisses kann man das nicht sagen. Aber klar: Wir lehnen uns jetzt sicher nicht zurück.» Die Resultate müssten jedoch zuerst noch genauer analysiert werden.

Polit-Experte Armin Camenzind ordnet ein

Anders als Sara Agner, erklärt PilatusToday und Tele 1 Politexperte Armin Camenzind: «Man kann sagen, dass die SP Kanton Luzern in Bezug auf den Nationalrat bei der Frauenförderung gescheitert ist.» Da die SP mit dem Rücktritt von Prisca Birrer-Heimo eine sehr profilierte Nationalrätin verlor, sei es umso enttäuschender, dass sie keine Frau nach Bern schicken konnte. «Somit wird die SP Kanton Luzern die nächsten acht Jahre wohl keine Frau im Nationalrat haben.» Von einem Rücktritt von David Roth oder Hasan Candan nach nur einer Legislatur geht Camenzind nicht aus.

Besonders spannend sei zudem, dass Melanie Setz in der Stadt Luzern lediglich 5246 Stimmen holen konnte. Die 43-Jährige erzielte damit das schlechteste Ergebnis der SP-Hauptliste. Im Hinblick auf die kommenden Stadtratswahlen im April 2024 sei dies kein gutes Zeichen, meint Camenzind.

Armin Camenzind, Polit-Experte für Tele 1 und PilatusToday.

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Agner: Stimmvolk will Setz im Stadtrat, nicht im Nationalrat

SP-Vertreterin Sara Agner widerspricht Armin Camenzind: «Das Resultat zeigt: Die Menschen wollen Melanie Setz als Stadträtin und nicht als Nationalrätin.» Die SP-Frauen würden davon ausgehen, dass Setz aufgrund ihrer bereits angekündeten Kandidatur für den Stadtrat von vielen Wählenden nicht auf die Liste für den Nationalrat gesetzt wurde. Nun könne sie im April 2024 angreifen: «Sie hat unsere vollste Unterstützung.»

Melanie Setz will in die Luzerner Stadtregierung.

© Keystone / Urs Flüeler

Melanie Setz sorgte zuletzt für Schlagzeilen, da ihr Wohnort für Verwirrung sorgte. Sie ist erst kürzlich nach Luzern gezogen, zuvor wohnte die Politikerin in Emmen.

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 25. Oktober 2023 05:54
aktualisiert: 25. Oktober 2023 08:44