Zentralschweiz
Luzern

Erneuter Anstieg: Ein Experte ordnet die Mietersituation ein

Referenzzinssatz

Erneuter Anstieg: Ein Experte ordnet die Mietersituation ein

Janis Schaller, 1. Dezember 2023, 15:44 Uhr
Der Mietzins kann wieder steigen – doch der Referenzzinssatz ist nicht der einzige Faktor. (Archivbild)
© KEYSTONE/Christian Beutler
Am Freitagmorgen wurde bekannt, dass der Referenzzinssatz ein weiteres Mal um 0,25 Prozentpunkte steigt. Solltest du jetzt eine Mietzinserhöhung erhalten, musst du diese nicht bedingungslos akzeptieren. Ein Experte ordnet ein.

Das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) hat am Freitagmorgen einen Anstieg des Referenzzinssatzes um weitere 0,25 Prozent – also auf 1,75 Prozent – bekannt gegeben. Die letzte Erhöhung war erst noch im vergangenen Juni. Folglich bedeutet das für viele Mieterinnen und Mieter eine Mietzinserhöhung. Im Juni war das auch schon der Fall. Seither laufen die Verfahren der Zentralschweizer Schlichtungsstellen auf Hochtouren.

Die Miete kann wieder ansteigen – aber nicht zwingend

Musst du eine Mietzinserhöhung also einfach so akzeptieren? Nicht unbedingt, sagt der Dozent für Mietrecht an der Uni Luzern und Anwalt Anton Bühlmann. «Aufgrund der Erhöhung des Referenzzinssatzes kann natürlich die Miete ansteigen», so Bühlmann. Die Voraussetzung dafür sei aber, dass die aktuelle Miete auf dem bisherigen oder einem tieferen Referenzzinssatz beruht. Hat man beispielsweise einen älteren Vertrag, der noch auf einem Referenzzinssatz von 1,75 Prozent oder mehr basiert, ist eine solche Erhöhung ungerechtfertigt.

Es geht nicht nur um den Referenzzinssatz

«Zuerst sollte man schauen, wie mein Referenzzinssatz im Mietvertrag festgelegt ist», empfiehlt der Experte, sollte es zu einer Mieterhöhung kommen. Merkst du aber, dass eine Erhöhung aufgrund des Anstieges des Referenzzinssatzes ungerechtfertigt ist, kann der Vermieter dennoch weitere Ansprüche geltend machen.

«Grundsätzlich sind es drei Faktoren, die bei laufenden Mietverhältnissen eine Rolle spielen», erklärt Bühlmann. Das seien zum einen der Referenzzinssatz, die Kostensteigerung und die Teuerung. Die Kostensteigerung betreffe dann vor allem die Unterhalts- und Betriebskosten. «Der Vermieter muss das Objekt im gebrauchstauglichen Zustand halten», so Bühlmann. «Ein Handwerker hat heute den höheren Stundenansatz wie vor zehn Jahren.»

Wenn der Referenzzinssatz nun steigt, veranlasse das die Vermieter dazu, auch sonst noch zu prüfen, wo man mit den Kosten so steht. «Die Miete kann dann wegen des Referenzzinssatzes zum einen, aber auch wegen der Kostensteigerung und der Teuerung zum anderen steigen», führt Bühlmann aus.

Das Schweizer Mietrecht ist nicht ganz einfach. Dennoch stehen den Mieterinnen und Mieter viele Rechte zu. (Symbolbild)

© KEYSTONE/Christian Beutler

Auch der Mieter hat verschiedene Möglichkeiten

Der Anstieg der Miete aufgrund des Referenzzinssatzes ist ziemlich einfach zu belegen. Anders sieht es bei der Kostensteigerung aus. Die muss der Vermieter mit konkreten Zahlen belegen können. Das Ganze über einen Vergleichsraum von mindestens drei Jahren.

Ansonsten könne man als Mieter auch Einsprache wegen einer überhöhten Rendite oder der «Nicht Orts- und Quartierüblichkeit» machen. Das Problem daran ist, dass bei diesem Einwand die Beweislast beim Mieter liegt. Nur woher bekommt man diese Zahlen?

Man müsse vor die Schlichtungsstelle, meint Bühlmann. Erzielt man dort keine Einigung, kann die Schlichtungsbehörde eine Klagebewilligung an den Vermieter erteilen. Will der Vermieter eine Erhöhung nun durchsetzen, muss er also vor Gericht ziehen. Spätestens da muss der Vermieter die Zahlen offenlegen – und somit auch die Rendite.

Der Vermieter hätte nämlich eine Mitwirkungspflicht. Das ist ein grosser Aufwand. «Wenn er aber die Zahlen nicht bringt, kann er auch keine Kostensteigerung geltend machen», so Bühlmann. Bei der ersten Anfechtungswelle im Sommer sei es daher fast nie um den Referenzzinssatz an sich gegangen, denn der sei einfach zu belegen, meint Bühlmann. «Die Kostensteigerung war das grosse Thema», fährt er fort.

Der Gang vor die Schlichtungsstelle ist nicht einfach

«Wohnen ist ein Grundrecht», verdeutlicht Bühlmann. Bei diesen Prozessen stehe man als Mieterin oder Mieter zwischen der Entscheidung, den Vermieter vor die Schlichtungsstelle zu ziehen oder die Erhöhung hinzunehmen. Das sei logischerweise mit einer gewissen Angst verbunden. Rachekündigungen seien aber Geschichte, so Bühlmann: «Das hat heute meiner Meinung nach auch der letzte Vermieter verstanden, dass man einen Mieter, der sich auf dem korrekten Weg wehrt, nicht einfach rausschmeisst.» Das entspreche nicht mehr der Realität.

Kostensteigerung ist ausgestanden

Diejenigen, die nach dem Sommerentscheid schon eine Mietzinserhöhung kassierten, hätten das meiste jedoch schon geschafft. «Eine Kostensteigerung vom Sommer bis jetzt kann fast nicht geltend gemacht werden», so Bühlmann. Gerade auch, weil diese über einen Zeitraum von drei Jahren ausgewiesen werden muss. Somit würde sich eine erneute Erhöhung auf die drei Prozent begrenzen, die bei einem Anstieg der 0,25 Prozent des Referenzzinssatzes möglich wären.

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Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 1. Dezember 2023 15:44
aktualisiert: 1. Dezember 2023 15:44