Exklusive Enthüllungen

FCL-Verwaltungsrat hatte offenbar nie Interesse am Stadion

Florian Estermann, 8. Oktober 2023, 10:36 Uhr

Quelle: Tele 1

Neue Dokumente sollen zeigen: Die FCL-Verwaltungsräte hatten kein Vorkaufsrecht, sie wussten von Verkaufsabsichten der Stadion-Aktien durch die Firma Eberli und sie wussten, dass Bernhard Alpstaeg diese zu kaufen beabsichtigt. Und entscheidend: Sie selbst machten keine Anstalten, diese Aktien ebenfalls kaufen zu wollen.

Im Streit um die Mehrheitsverhältnisse im und um den FCL geht es um juristische Feinheiten, Fristen, um unterschiedliche Interpretationen von Verträgen und Strafanzeigen hüben wie drüben. Für jene, die nicht ihre ganze Freizeit dem FCL widmen, kaum noch nachvollziehbar.

Zum Orchester der Beteiligten gesellte sich letzte Woche auch noch die Stadt Luzern. Mit einem Paukenschlag eröffnete sie den neusten Satz der Knatsch-Sinfonie um den FCL: Sie will der Stadion Luzern AG und damit Bernhard Alpstaeg, zumindest vorübergehend, das Stadion absprechen. Der Aktienkauf der Stadionaktien sei nicht rechtens gewesen. Seither für viele neu im Wortschatz: «Vorkaufsrecht». Die Frage, die sich stellt: Wer hatte eines und wurde dieses eingehalten?

Ein Baurechtsvertrag für die Mutigen

Man könnte meinen, ein Blick in den Baurechtsvertrag bringe Licht ins Dunkle. Fehlanzeige. Interpretationsspielraum ist das Schlüsselwort. Folgender Passus wurde als Fehdehandschuh zwischen die Parteien geworfen. Keine leichte Kost, klar. Aber bleiben Sie dran:

Der FCL interpretiert dies bekannterweise so: Nach der Stadt hätte auch der Verwaltungsrat der Holding ein Vorkaufsrecht besessen. Der FCL veröffentlichte dazu vergangene Woche eine E-Mail aus der Kanzlei Studhalters an die Herren Alpstaeg, Grossenbacher (aktueller CEO Firma Eberli) und Richard Furrer (CFO FCL), die das belegen soll:

Auszug aus der E-Mail an Bernhard Alpstaeg. 

© Screenshot // FCL Holding AG

Die Argumentation von Bernhard Alpstaeg dementiert das Vorkaufsrecht der Holding. Deshalb äusserte sich Verwaltungsrätin Ursula Engelberger-Koller gegenüber SRF wie folgt: «Die damaligen Verwaltungsräte wurden von Philipp Studhalter und Bernhard Alpstaeg falsch informiert.»

Ursula Engelberger-Koller erhebt schwere Vorwürfe gegen Bernhard Alpstaeg und Philipp Studhalter.
© KEYSTONE/Urs Flueeler

Schwarz-Weisser Interpretationsspielraum

Nun gut. Die Gruppe um Alpstaeg jedoch sieht die Holding und dem «Verein nahestehende Personen» als eine Einheit. Wenn also jemand aus der Holding die Aktien kauft, kann auch kein Vorkaufsrecht für die anderen gelten. Ansonsten wäre es möglich, dass die Gruppenmitglieder die Aktien einander wegnehmen. Deshalb sei der Vorwurf der Täuschung gegen Studhalter und Alpstaeg obsolet.

Interpretationsspielraum eben.

Quelle: Tele 1 / PilatusToday / Martina Birrer

Verkäuferin der Aktien war die Firma Eberli. Damaliger CEO, Toni Bucher, bestätigt gegenüber PilatusToday und Tele 1, dass er die anderen Aktionäre über seine Verkaufsabsichten informierte: «Ich führte verschiedene informelle Gespräche mit Marco Sieber und Josef Bieri. Beiden habe ich gesagt, dass wir die Aktien verkaufen wollen. Es gab von ihnen jedoch keine Kaufabsichten.» Deshalb habe man den Verwaltungsräten auch keine offizielle Offerte für die Aktien gemacht.

Toni Bucher war damals CEO der Firma Eberli.
© KEYSTONE/Urs Flueeler

Ein unverständliches Theater für Bucher: «Die Argumentation des FCL ist vermessen. Jetzt im Nachhinein zu sagen: ‹Wir hätten auch wollen.› Man wusste genau, dass diese Aktien verkauft werden sollen. Und wenn der eine zusagt, kommt man plötzlich und sagt, man will auch. Man wusste vom geplanten Verkauf, und hat nie etwas gesagt.»

Quelle: Tele 1 / PilatusToday / Florian Estermann

Auch für Ehrenpräsident Walter Stierli befremdlich, dass der FCL nicht schon früher reagierte: «Es wird heute aus der Hüfte geschossen. Die einzige Erklärung für mich: Man versucht Herrn Alpstaeg, als Mehrheitsaktionär zu verhindern, indem man alle möglichen Baustellen aufmacht und ihm so intern und auch in der Öffentlichkeit schadet.»

Für Walter Stierli ist die Reaktion des FCL «befremdlich».
© KEYSTONE/Alessandro Della Bella

Mail-Korrespondenz belegt Wissen um Verkaufsabsichten

Dass die Verwaltungsräte Bescheid wussten, zeigen auch Mail-Korrespondenzen, die der Redaktion vorliegen. Studhalter informiert darin im Februar 2018 den Verwaltungsrat der Holding (u. a. Josef Bieri, Marco Sieber und Hans Schmid) über die Verkaufsabsichten der Firma Eberli und die Kaufabsicht von Bernhard Alpstaeg:

Auszug aus der E-Mail von Philipp Studhalter an die Verwaltungsräte.
© Screenshot // Bernhard Alpstaeg

«Auf dieses Mail gab es null Reaktion der anderen Verwaltungsratsmitglieder», schreibt Sacha Wigdorovits, Sprecher von Bernhard Alpstaeg. Walter Stierli erklärt sich dies folgendermassen: «Es war damals auch schlicht nicht möglich, das Stadion zu kaufen. Wir mussten beim FCL jeden Franken hart verdienen.» Es ist jedoch Beleg dafür, dass die damaligen Verwaltungsräte des FCL über die Pläne Bescheid wussten.

Auch als Bernhard Alpstaeg im September 2019 die Aktien erworben hatte, meldete Philipp Studhalter dies seinen Vorstandskollegen:

Philipp Studhalter teilt dem VR den Aktienkauf von Bernhard Alpstaeg mit.
© Screenshot // Bernhard Alpstaeg

Josef Bieri antwortete daraufhin: «Herzlichen Dank, Philipp! Sehr gut abgefasst! Josef Bieri». Auch Marco Sieber antwortete Philipp Studhalter:

Antwort von Marco Sieber an Philipp Studhalter.
© Screenshot // Bernhard Alpstaeg

Sieber selber ging davon aus, dass die Holding an zweiter Stelle ein Vorkaufsrecht hatte. In einem späteren Antwortschreiben soll ihn Studhalter darüber aufgeklärt haben, dass dies so nicht stimmt. Es wird jedoch deutlich: In dieser Korrespondenz äusserten sowohl Josef Bieri als auch Marco Sieber keine Absichten, die Stadion-Aktien übernehmen zu wollen.

Philipp Studhalter informierte per Mail die anderen Verwaltungsräte über den geplanten Aktienkauf von Alpstaeg.
© KEYSTONE/Urs Flueeler

Walter Stierli wollte die Firma Eberli in den FCL integrieren

Dem Aktienverkauf vorausgegangen waren Gespräche zwischen der Firma Eberli und dem damaligen FCL-Präsidenten Walter Stierli. Bucher sagt rückblickend: «Wir haben mit Stierli Gespräche geführt, weil wir der Meinung waren, die Stadion-Aktien würden gut in den Verwaltungsrat passen. Dieser hatte zu jener Zeit nichts Festes in der Hand.» Da dem FCL jedoch damals das Geld fehlte, schlug Stierli folgendes vor: «Die Firma Eberli sollte in den Verwaltungsrat integriert werden und so das Stadion quasi als eine Art Mitgift in den VR einbringen. Das wollten wir jedoch nicht – wir sind Baudienstleister und keine Aktionäre», so Bucher.

Das Orchester spielt die Sinfonie «FCL-Knatsch» also munter weiter. Der FC Luzern lässt ausrichten, dass sie nun die Dokumente prüfen wollen und erst danach über eine allfällige Stellungnahme entscheiden.

Es scheint jedoch eines immer deutlicher zu werden: Es muss ein Dirigent her, der dieses Orchester in den Griff bekommt und die Sinfonie zu Ende dirigieren kann. Dies dürfte dann wohl ein Schiedsgericht sein.

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Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 3. Oktober 2023 17:00
aktualisiert: 8. Oktober 2023 10:36