Gefahr im Strassenverkehr

Fussgängerstreifen direkt nach dem Kreisel – muss das sein?

Jonathan Ernst, 30. August 2023, 16:19 Uhr
Fussgänger nach Kreisel - muss das sein
© PilatusToday / Pixabay / Google Maps
Bei Kreiseln passieren viele Unfälle. Auch nach der Ausfahrt aus dem Kreisverkehr darf die Konzentration nicht nachlassen, denn dort befindet sich häufig ein Fussgängerstreifen. Aber wieso? Wäre es nicht sicherer, wenn diese weiter weg vom Kreisel wären?

Der Kreisel beim Unterlöchli sorgt derzeit für viel Diskussionsstoff. Dieser stelle eine grosse Gefahr für Fussgänger dar, da die Strassenführung die Autofahrenden nicht zur Temporeduktion zwinge, so der Vorwurf eingier Anwohnenden. Die PilatusToday-Community sieht aber noch eine weitere Gefahr: den Fussgängerstreifen direkt nach der Kreiselausfahrt.

Beispielsweise findet «sugi», dass viele schon mit dem Kreisel selbst überfordert seien – «und dann noch so nahe ein Fussgängerstreifen». User «espresso» hat die gleiche Meinung und fragt: «Warum baut man diese Streifen nicht 50 Meter weiter davon weg? Dieser kleine Umweg macht sicher nichts aus.»

Die magische Wunschlinie: Wird sie nicht beachtet, gibt es Unfälle

Genau dieser Umweg ist aber der Grund, wieso die Fussgängerstreifen da sind, wo sie sind. Thomas Karrer, Projektleiter Mobilität der Stadt Luzern, spricht von der «Wunschlinie» der Fussgänger. Diese wollen die Strasse möglichst nahe beim sogenannten Knoten, also bei der Kreuzung, oder eben dem Kreisel, überqueren. «Die Fussgänger laufen ja nicht 20 Meter nach hinten, dann über die Strasse und dann wieder zurück zum Kreisel.»

Dies wisse man aus Studien, Untersuchungen und Unfallanalysen. Wenn der Fussgängerstreifen versetzt werden muss, beispielsweise wegen einer Baustelle, zeige sich das: «Genau dann hat man die Unfälle, weil die Leute nicht bis zum Fussgängerstreifen gehen, sondern die Strasse vorne bei der Wunschlinie überqueren», sagt Karrer und nennt gleich zwei Beispiele. Sowohl beim Kreuzstutz-Kreisel als auch beim Bundesplatz habe man solche Erfahrungen gemacht.

Grund zwei: Geschwindigkeit

Auch bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU, stimmt man zu. «Gerade, wenn man über mehr als einen Fussgängerstreifen muss, muss man als Fussgänger so keine grossen Bogen machen», sagt Mediensprecher Christoph Leibundgut. Auch er spricht von der Wunschlinie und nennt noch einen weiteren guten Grund, der für die aktuelle Positionierung der Fussgängerstreifen spricht: Geschwindigkeit.

Autos und Motorräder wären bei einer grösseren Distanz mit höherem Tempo unterwegs, was grosse Auswirkungen auf den Schweregrad von Unfällen hat: «Wenn dir einer mit 10 km/h ins Bein fährt, schmerzt das. Aber mit 50 kann es mit Schwerverletzten oder Toten enden», so Leibundgut. Darum sollte das Tempo im Kreisel tief sein, sagt er und spricht damit unbewusst genau das Problem beim Unterlöchli-Kreisel in Luzern an.

Zu wenige Kurven beim Unterlöchli-Kreisel

Denn dort sei «ein Verhaltensphänomen» problematisch, sagt Thomas Karrer von der Stadt Luzern. Damit meint er, dass gewisse Verkehrsteilnehmerinnen durch den Kreisel rasen. Früher waren Kreisel möglichst flach. «Dann merkte man, dass die Leute da durchrasten und darum macht man die Kreisel heute höher». So müsse man auf Sicht fahren, sagt Karrer.

Auch das Gestrüpp in der Kreiselmitte sei nicht das Problem, sondern die Geschwindigkeit. Dass der Kreisel dennoch nicht mehr den aktuellen Anforderungen entspricht, hat Thomas Karrer gegenüber Pilatustoday.ch bereits eingeräumt: «Der Ablenkungswinkel der Kreisel-Einfahrt auf der Adligenswilerstrasse in Fahrtrichtung Norden ist zu gering.» Oder simpel ausgedrückt: Das Problem ist, dass man dort fast gerade durchfahren kann und darum kaum abbremsen muss.

Dass der Unterlöchli-Kreisel nicht mehr ganz auf dem neusten Stand ist, ist also nicht bestreitbar. Mit der Entfernung der Fussgängerstreifen vom Kreisel hat dies aber gemäss Verkehrsexperten nichts zu tun.

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 30. August 2023 16:19
aktualisiert: 30. August 2023 16:19