Interview mit Funker

Legen auch Alarmsysteme lahm: So funktionieren Störsender

Melissa Steuri, Marcel Jambé, 21. Dezember 2023, 17:50 Uhr
Störsender können den ganzen Mobilfunk lahm legen.
© KEYSTONE/DPA/Fabian Sommer
Der Fall hat erstaunt. Ein Familienvater hat Anfang des Jahres mit einem Störsender die komplette Kommunikation eines Luzerner Quartiers lahmgelegt. Wie das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) mitteilt, droht ihm eine Busse. Ein Funk-Experte erklärt, wie solche Störsender funktionieren.

Der Familienvater war laut Bakom davon überzeugt, dass sein Fernsehempfang, sein WLAN und sein E-Mail-Konto gehackt und seine Telefongespräche abgehört worden seien – und zwar von seinen Nachbarn. Deshalb setzte er einen Störsender ein.

Der Gebrauch von Störsendern ist in der Schweiz strengstens verboten und wird mit Bussen von bis zu 100'000 Franken geahndet. Wir wollten von einem Experten wissen, wie solche Störsender funktionieren.

Redaktion: Peter Sidler, Sie sind Amateur-Funker und Präsident der Sektion Zug der Union der Schweizer Kurzwellen-Amateure. Wie funktioniert ein solcher Störsender überhaupt?

Peter Sidler: Ein Störsender ist ein elektronisches Gerät, in dem meistens mehrere Sender eingebaut sind. Jeder Sender verstärkt das Signal auf der Hochfrequenzseite. Im Prinzip ist es wie ein Funkgerät, welches die Frequenz über den gesamten Bereich aussendet.

Welche Geräte können von einem solchen Störsender gestört werden?

Das kommt auf das Gerät drauf an. Es gibt immer mehr verschiedene Frequenzen, die Handys nutzen können. Beispielsweise haben die verschiedenen Telefonanbieter Swisscom, Sunrise und Co. unterschiedliche Frequenzen. Da gibt es weltweit ungefähr 20 verschiedene Frequenzbereiche, die genutzt werden. Die teureren Störsender können, mehr oder weniger, all diese Frequenzen stören, während die günstigeren Störsender nur ein paar wenige Frequenzen stören.

Die Stärke des Störsenders ist eine Frage des Geldes, der Grösse des Störgeräts sowie des Energieverbrauchs. Die kleinsten Geräte sind vielleicht doppelt so gross wie eine Zigarettenschachtel und sind batteriebetrieben, die Grossen haben die Grösse eines Stereoanlage-Verstärkers mit einer Leistungsstärke von 200 Watt.

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Im Fall des Familienvaters aus der Stadt Luzern wurde ein gesamtes Quartier quasi lahmgelegt, mit drei Multi-Band-Störsendern. Gibt es Frequenzen, die mit solchen Geräten gar nicht gestört werden können?

Das kommt grundsätzlich auf die Stärke des Geräts darauf an. Man kann jedes Gerät stören. Also auch die Alarmsysteme der Rettungskräfte. Die Polizei hat meines Wissens Fünf-Watt-Leistung maximal, was eigentlich nicht viel ist. Also, für einen Spezialisten wäre es nicht schwierig, dieses System lahmzulegen.

Wenn mein Handy, mein WLAN etc. nicht funktioniert, was kann ich machen?

Wenn die Vermutung eines Störsenders besteht, kann man sich beim Bakom melden. Auf deren Internetseite gibt es ein Meldeformular für solche Fälle. Daraufhin wird man vom Bundesamt kontaktiert, die Experten kommen vorbei und versuchen die Ursache mit Messungen ausfindig zu machen?

Dabei muss es sich aber nicht immer um einen Störsender handeln. Mein Schwiegervater hatte mal ein Problem mit dem WLAN. Es stellte sich heraus, dass ein elektronisches Gerät, das nicht mehr richtig funktionierte, Schuld daran war. Ein drahtloser Funklautsprecher war defekt und hatte alles zusammen gestört – unter anderem das WLAN. Das Problem ist, es gibt sehr viele schlechte Geräte, die Alterswegen aussteigen und somit den Radio- oder Handy-Empfang oder das WLAN stören. Bei minderwertigen Geräten kann dies bereits von Anfang an passieren. Man kann also durchaus auch sich selber stören – ohne bewusst einen Störsender zu Hause zu haben.

Das Interview führte Marcel Jambé.

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 21. Dezember 2023 17:50
aktualisiert: 21. Dezember 2023 17:50