Zentralschweiz
Luzern

Übermässige Gewalt eingesetzt? Luzerner Polizist vor Gericht

Wegen Amtsmissbrauch

Übermässige Gewalt eingesetzt? Luzerner Polizist vor Gericht

16. Juni 2023, 16:20 Uhr
Der beschuldigte Luzerner Polizist soll den Festgenommenen unrechtmässig auf den Boden gedrückt haben. (Symbolbild)
Ein Luzerner Polizist soll bei einem Einsatz einen Mann auf den Boden gedrückt haben. Dabei erlitt der Festgenommene eine Schwellung und ein blaues Auge. Der Polizist wurde daraufhin wegen Amtsmissbrauchs angeklagt. Der 46-Jährige hatte Berufung eingelegt und stand nun am Freitag vor dem Kriminalgericht Luzern.

Der Vorfall liegt knapp drei Jahre zurück. In einer Julinacht wurde die Polizei nach Emmen gerufen, weil Nachbarn in einer Wohnung einen lauten Streit hörten. Die Polizei traf in der Wohnung eine weinende Frau und einen aufgewühlten, am Gesicht verletzten Mann sowie dessen Bruder an, wie der beschuldigte Polizist vor dem Gericht ausführte. Er berichtete von beschädigten Möbeln und zerschlagenem Geschirr.

Unter Alkohol- und Drogeneinfluss

Das mutmassliche Opfer hatte offenbar Alkohol und Drogen konsumiert. Der Mann arbeitete auf dem Bau und wurde als kräftig beschrieben. Der beschuldigte Polizist erklärte vor Gericht, der Mann sei aggressiv gewesen und sie hätten ihm nur zu zweit Handschellen anlegen können.

Der Mann habe versucht, die Beamten mit den Füssen zu treten und sie hätten ihn deswegen auf den Boden gedrückt, erklärte der Polizist. Der Festgenommene habe auch versucht, die drei Polizisten aus seinem blutenden Mund anzuspucken.

Zu dritt hielten die Polizisten den Mann am Boden fest. Der beschuldigte Polizist fixierte dabei dessen Kopf. Der Staatsanwalt warf dem 46-jährigen Polizisten vor, in dieser Situation den Kopf des Mannes an den Haaren gezogen und leicht angehoben und dann auf den Boden geschlagen zu haben. Der Mann soll dabei eine Schwellung und einen Bluterguss am Wangenknochen erlitten haben.

Geldstrafe gefordert

Der erfahrene Polizist habe seine Machtbefugnisse in einer zwar anstrengenden, aber unter Kontrolle stehenden Situation unsachgemäss angewandt, erklärte der Staatsanwalt. Er beantragte, den Strafbefehl gegen den 46-Jährigen zu bestätigen und forderte wegen Amtsmissbrauchs eine bedingte Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 150 Franken und eine Busse von 3000 Franken.

Der Polizist versicherte vor Gericht, dass der Einsatz verhältnismässig abgelaufen sei. Er sagte, die Gegenwehr des Mannes sei sehr stark gewesen, er könne auch den Kopf selbst angehoben haben. Auch sei er bereits am Kopf verletzt gewesen. Dass er dem Mann in die Haare gegriffen habe, schloss der Beschuldigte aus. Dies sei nicht möglich, weil er die Haare sehr kurz getragen habe, sagte er.

Von Polizeikollegen angeschwärzt

Den Fall ins Rollen gebracht hatte ein Kollege des beschuldigten Polizisten, der mit ihm vor 20 Jahren die Polizeischule absolviert hat. Der Kollege war ebenfalls in Emmen im Einsatz. Als er im Spital die Verletzung des Festgenommenen – eine Schwellung unter dem Auge, «fast so gross wie ein Pingpongball» – sah, meldete er den Vorfall, schreibt die «Luzerner Zeitung».

Der Staatsanwalt zitierte aus den Zeugenaussagen. Der vermeintliche Kopfaufschlag sei «völlig unnötig» gewesen, er habe sich schon gefragt, was sein Kollege tue und warum. «Das sah wirklich nicht schön aus.» Mit dem Gesehenen habe er sich unwohl gefühlt, der Vorfall habe ihm nachhaltig zu denken gegeben. Seinen Kollegen zu verpfeifen, sei ihm sehr schwergefallen – schliesslich habe er kein persönliches Problem mit ihm – und was jetzt passiere, möge er ihm überhaupt nicht gönnen.

Polizist bereits vorbestraft

Eine Antwort darauf, warum der Zeuge lügen sollte, hatte der beschuldigte Polizist nicht. «Keine Ahnung, aber er hat oft am Rad gedreht, sagte immer wieder, er sei gestresst. Auch nach dem Einsatz im Juli war er völlig überfordert gewesen.» Sein Verteidiger vermutet, der Zeuge sei wütend auf seinen Mandanten gewesen, weil ihn dieser etwa wegen des Einsatzes eines Tasers kritisiert hatte. «Er war der Situation nicht gewachsen. Mein Mandant hingegen war die Person, die den Überblick und die Routine hatte.»

Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich eröffnet. Spricht das Gericht den Polizisten schuldig, ist es die zweite Verurteilung. Dass er schon vorbestraft ist, erfuhr der Polizist allerdings erst, als für dieses Verfahren sein Strafregisterauszug benötigt wurde, schreibt die «Luzerner Zeitung» weiter. Der genaue Tatbestand blieb vor Gericht verschwiegen, er gründet aber auf einer Polizeikontrolle aus dem Jahr 2013.

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(van/sda)

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 16. Juni 2023 16:20
aktualisiert: 16. Juni 2023 16:20