Staatsverweigerer

Sie schikanieren die Zentralschweizer Betreibungsämter weiter

Janis Schaller, 23. September 2023, 06:14 Uhr
Staatsverweigerer sorgen dafür, dass sich die Betreibungsbüros nicht langweilen – mit allen Mitteln.
© KEYSTONE/GAETAN BALLY
In der Coronapandemie haben Verschwörungstheorien mächtig Aufwind bekommen. Unter ihnen befinden sich auch die sogenannten Staatsverweigerer. Sie belästigen vor allem die Betreibungsbüros mit einem enormen Papierkram. Wie gehen die Zentralschweizer Ämter damit um?

SRF Investigativ hat kürzlich eine Umfrage veröffentlicht, bei dem die Betreibungsämter aller Kantone sich zum Umgang mit Staatsverweigerer geäussert haben. Auch in der Zentralschweiz ist das ein grosses Thema. Allem voran; die Staatsverweigerer wehren sich vergeblich.

In Nidwalden ist kein Ende in Sicht

Wie die Betreibungsstelle vom Kanton Nidwalden auf Anfrage von PilatusToday bekannt gibt, nimmt der Aufwand im Umgang mit Staatsverweigerern noch immer zu. Dabei handle es sich vor allem um Bussgelder oder Steuerschulden. Typisch für diese Gruppe – denn das ist ja genau die Art von Schuld, die sie nicht bezahlen möchten. «Die Angestellten bekommen dann oft den vollen Protest und die Respektlosigkeit dieser zuweilen auch aggressiven Leute ab», schreibt das Betreibungsamt des Kantons Nidwalden.

An ihre Kapazitätsgrenzen kommen sie aber dennoch nicht, wie sie auf Nachfrage von PilatusToday und Tele 1 sagen. Das einzig richtig Unangenehme seien die verbalen Auseinandersetzungen. So möchten die Staatsverweigerer den Stab umdrehen und erwarten Bussgelder vom Betreibungsamt. Rechtlich wäre das auf keinen Fall durchzusetzen, wie das Betreibungsamt Nidwalden erklärt. Zu körperlicher Gewalt oder Strafanzeigen gegen die Angestellten ist es bislang noch nicht gekommen.

In Luzern nimmt der Aufwand ab

«Das Phänomen der Staatsverweigerer hat im Kanton Luzern in den letzten Monaten stark nachgelassen», schreibt der Verband der Betreibungsbeamten der Kantone Luzern, Nidwalden, Obwalden und Uri auf Anfrage. Der Kontakt sei aber immer noch sehr mühsam und zeitintensiv. Die Arbeit werde zusätzlich erschwert, weil dieses Klientel die Aussage am Schalter meistens generell verweigert. Im Kanton Luzern geht man noch immer von einer tiefen dreistelligen Zahl an Staatsverweigerern aus. Drohungen hätte es glücklicherweise bisher nicht gegeben. Das Betreibungsamt bestätigt: «Es bleibt beim Papierterror.»

In Zug will man sich kurz halten

Wie der Kanton Zug auf Anfrage mitteilt, haben sie es nur mit einer Handvoll Staatsverweigerer zu tun. «Die Staatsverweigerer beschäftigen uns hauptsächlich administrativ, aber dafür intensiv», schreibt das Betreibungsamt Zug. Auch in Zug gibt es zum Glück keine Gewalt. Ihr Rat an die Mitarbeitenden ist es, sich kurz zu halten, die Thematik zu protokollieren und entsprechend abzulegen.

Alle Zentralschweizer Kantone können inzwischen Veränderungen wegen Staatsverweigerern feststellen – wenn auch unterschiedlich intensiv.

© Keystone

In Schwyz und Uri bleibt es ruhig

Der Kanton Schwyz will sich auf Anfrage nicht mehr zu der Thematik rund um die Staatsverweigerer äussern. Doch aus der SRF-Recherche wissen wir, dass der Kanton Schwyz genau so mit der Problematik konfrontiert ist, wenn auch nur in geringem Ausmass. Ebenso bemerkt der Kanton Uri einen zunehmend rauen Umgang, der sei aber nicht direkt mit Staatsverweigerern in Verbindung zu bringen.

Bei der Pfändung ist meistens «fertig lustig»

«Staatsverweigerer versuchen bereits die Zustellung des Zahlungsbefehls zu vereiteln», weiss Rodrigo Rodriguez, Spezialist für Zivilverfahrensrecht an der Universität Luzern. Doch im Notfall wird dieser mithilfe der Polizei zugestellt. Auch eine verweigerte Annahme wird in der Schweiz dennoch als zugestellt gewertet. Sogar die Pfändung, also der eigentliche Vollzug der Betreibung, versuchen sie teilweise zu verhindern. Auch hier kann die Polizei hilfreich werden. «Da erkennen auch die überzeugtesten Staatsverweigerer, dass es den Staat eben doch gibt und dieser es auch ernst meint», schreibt Rodriguez auf Anfrage von PilatusToday und Tele 1.

So geht eine Betreibung vor sich.

© PilatusToday

Haftstrafen unwahrscheinlich

Das Antreten von Haftstrafen für Nichtbezahlen der Schulden ist im Gesetz nicht vorgesehen, erklärt Rodriguez. Jedoch kann aktiver Widerstand gegen Amtshandlungen in Strafen enden, aber nur in schweren Fällen in Haftstrafen. Rodriguez schreibt, dass ihm bis anhin keine Fälle bekannt seien.

Inkonsequentes Verhalten

Tatsächlich haben Staatsverweigerer in der Schweiz auch schon Anzeigen gegen die Mitarbeitenden der Betreibungsbüros gemacht. Doch Rodriguez hält nicht viel davon: «Beschwerden und Anzeigen durch Staatsverweigerer sind an sich recht inkonsequent, wenn man ja gerade der Meinung ist, den Staat (und damit auch die Beschwerdeinstanzen und die Strafverfolgungsbehörden) gäbe es ja gar nicht, aber gemacht werden sie trotzdem.» Bisher wurden alle Strafanzeigen abgewiesen. Aber auch hier: Die Urteile müssen begründet werden, das ist jedes Mal mit einem bürokratischen Aufwand verbunden.

Personal muss sich schützen

Die Betreibungsstellen haben aber etwas gemeinsam. Um den Schutz des Personals sicherzustellen, müssen die Mitarbeitenden regelmässig Weiterbildungen zum Umgang mit schwieriger Kundschaft besuchen. Das sei aber nicht nur spezifisch auf Staatsverweigerer bezogen, bestätigen die Stellen.

Scan den QR-Code

Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.

(jas.)

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 23. September 2023 06:14
aktualisiert: 23. September 2023 06:14