Problemfall Simani

Hat sich FCL-Trainer Mario Frick mit seiner Aufstellung verspekuliert?

Andreas Ineichen, 23. Mai 2023, 09:39 Uhr
Für diese Notbremse gegen Emmanuel Latte Lath sag Denis Simani die Rote Karte.
© IMAGO / Geisser
Den Kampf um einen der attraktiven Plätze im internationalen Geschäft ist dem FC Luzern entglitten. Dafür war das 1:1 gegen den FC St.Gallen zu wenig – der sportliche Kriechgang der Luzerner dauert nun vier Spiele an. Zuletzt bewies Mario Frick offensichtlich kein glückliches Händchen mit seiner Aufstellung.

Dass der FCL im zweitletzten Heimspiel der Saison vor über 15'700 Zuschauern nicht als Verlierer vom Platz stapfen musste, widersprach eigentlich dem Spielverlauf. Verschaffte aber seinem Trainer Mario Frick Genugtuung und Erleichterung. «Ich bin stolz darauf, wie die Mannschaft nach meiner Kritik gegen GC eine super Energieleistung gezeigt hat.» Und weiter: So glücklich wie an diesem Samstagabend sei er bislang selten gewesen über einen gewonnenen Punkt in einem Heimspiel.

Quelle: PilatusToday

Es war dem 48-jährigen Liechtensteiner nicht zu verargen, dass er das, was passiert war, in einem schönen, in einem positiven Licht Revue passieren lassen wollte. Dabei war es durchaus angezeigt, auch eine seiner taktischen Massnahmen für dieses Spiel zu hinterfragen.

Weil Marius Müller gelbgesperrt und sein talentierter Ersatz Pascal Loretz verletzt war, musste der in der Goalie-Hierarchie auf Platz drei zurückversetzte Vaso Vasic zum ersten Mal in dieser Saison von Beginn weg ran. Alleine das verleiht den Feldspielern ein Gefühl der Unsicherheit und Anspannung. Und Vasic befeuerte dieses Unbehagen lange Zeit mit unpräzisen Abschlägen.

Doch Mario Frick setzte ohne Not noch einen drauf: Nach acht Spielen ohne eine einzige Einsatzminute nahm er Innenverteidiger Denis Simani ins Aufgebot. Dafür musste der zentrale Abwehrspieler und Linksfuss Marco Burch auf die rechte Aussenverteidiger-Position weichen. Aber warum? Nun hatte er mit Ismail Beka, Simani und Burch drei Abwehrspieler im Aufgebot, die nicht für Schnelligkeit stehen.

Was war die Überlegung von Mario Frick?

Als PilatusToday den FCL-Trainer darauf ansprach, dass sein Abwehrdispositiv ein gewisses Risiko barg und was die Überlegung dahinter gewesen sei, reagierte Mario Frick mit gewissem Unverständnis: «Was meinen Sie mit Risiko?» Die Hereinnahme von Simani, das Verschieben von Burch auf eine ungewohnte Position und der rechte Aussenläufer Mo Dräger plötzlich als zweite Sturmspitze neben Lars Villiger.

«St.Gallen brachte drei richtig gute Stürmer auf den Platz. Und wir wollten mit drei gestandenen Innenverteidigern die Duelle gewinnen. Dazu ist Mo Dräger schnell und besitzt Abschlussstärke», erklärte Mario Frick seine taktische Marschroute. Diese ging allerdings nicht auf. Weil sie einen Systemfehler in sich trug. Und der hiess Denis Simani.

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Der 31-Jährige stand bereits im Schilf, als der Gegner aus der Ostschweiz kurz vor der Pause aus dem Nichts zum schmerzhaften 1:1 ausgleichen konnte. Aber das war noch nicht alles: In der 75. Minute kassierte Denis Simani seine zweite Rote Karte in der laufenden Spielzeit, nachdem er als hinterster Luzerner Emmanuel Latte Lath von den Beinen geholt hatte.

«FCL-Problemfall» Simani hatte die entscheidenden Duelle, die Frick mit seiner Hereinnahme gewinnen wollte, verloren. Die mögliche Siegchance der Luzerner ging vor Beginn der Schlussphase mit einem Mann weniger definitiv flöten.

Simani gut genug für die Super League? Nachweis fehlt

Selbst Mario Frick musste bei der Analyse der Rot-Szene eingestehen: «Da bestand ein Schnelligkeitsdefizit von Simani gegen Latte Lath.» Hat er sich damit definitiv von seinem Schützling distanziert?

Fakt ist: Mario Frick hat Denis Simani als Aggressivleader und Unterstützung für seine Operation FCL-«Ligaerhalt» Anfang 2022 nach Luzern mitgenommen. Nach dem Desaster mit Bayerns früherer Ikone Holger Badstuber verlieh Simani der FCL-Innenverteidigung mehr Stabilität. Fricks Mission glückte über die Barrage.

Doch Simani hat den Nachweis nicht erbringen können, dass er auf Dauer den Ansprüchen des FCL und der Super League gewachsen ist. Er hat sich in dieser Saison bereits zwei Rote Karten in der Meisterschaft und zusätzlich eine erst recht dümmliche in einem Testspiel geholt. Mit zehn Roten Karten führt der FCL zwei Spiele vor Schluss eine unrühmliche Statistik vor St.Gallen (9) an.

Die positive Wirkung von Severin Ottiger

Wegen Simanis Platzverweis musste Mario Frick zur Wahrung des 1:1 einen Verteidiger für einen offensiven Spieler einwechseln. Er machte dies mit dem 20-jährigen Severin Ottiger für den 20-jährigen Lars Villiger, dem mit dem zwischenzeitlichen 1:0 endlich mal etwas Positives gelungen ist.

Spannend: Mit einem Mann weniger, mit dem schnellen und zweikampfstarken Ottiger und dem neu formierten Innenverteidiger-Duo Burch und Beka gestand der FCL dem Gegner trotz grosser Nervenanspannung keine reelle Torchance mehr zu. «Von uns kam zu wenig», kritisierte St.Gallens Trainer Peter Zeidler hinterher.

Aus Luzerner Sicht hat dieser wegweisende Match drei Tendenzen verfestigt, die PilatusToday schon vor etwas mehr als einem Monat aufs Tapet brachte: Auf Denis Simani, Mo Dräger und den für Letzteren eingewechselten Asumah Abubakar kann der FCL in der nächsten Saison getrost verzichten. Sie können mit den grossen Talenten aus den eigenen Reihen kompensiert werden.

Die Frage, ob sich Mario Frick mit seiner Taktik gegen St.Gallen verspekuliert hat, darf man getrost stellen. Aber letztlich kann sie niemand mit Sicherheit beantworten. Nach der Schlacht ist bekanntlich jeder Soldat ein General. Was wäre passiert, wenn...?

Andreas Ineichen
Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 22. Mai 2023 15:07
aktualisiert: 23. Mai 2023 09:39